Landwirtschaft und Siedlung finden in der auf der Wiljui-Platte(150/250 m) vorherrschenden Lärchentaiga mit ihren Frostböden nur auf Talterrassen und in versteppten Alass-Senken auf Thermokarst ihre Standorte. Schon vor 1990 nahm der Ackerbau (Feldgras, Gerste, Hafer) nur einen sehr geringen Teil der LN ein. Bei den von Wein (1991, S. 194 f.) untersuchten Sowchosen im Südteil des Kreises betrug er 5- 10% der LN. Naturwiesen und-weiden stellen den„Rest“ dar und spiegeln in ihrem Anteil anschaulich die naturräumlichen Verhältnisse des Kreises wider. Dabei sind die Ertragsverhältnisse auf den Alass-Wiesen nur sehr bescheiden(vgl. WEIN 1997, S. 193). Die Futterlage für die dominierende Rinderhaltung leidet auch unter der Variabilität der Witterungsbedingungen(Trockenperioden) und bereitet immer wieder Probleme. Der Milchertrag je Kuh/ Jahr liegt gegenwärtig(2002) bei 1630 kg und befindet sich damit weit unter dem Durchschnitt des Landes(2800 kg). Das Agrarpotential Jakutiens war schon auf der Grundlage dieser Naturbedingungen bei hochsubventionierten, niedrigen Faktorkosten in sowjetischer Zeit nur in der Lage, den Bedarf an Grundnahrungsmitteln in der Republik zu 15/16% abzusichern(WEIN 1991, S. 195). Die Landbevölkerung ist stark auf den Ertrag ihrer Subsistenzproduktion in den Hauswirtschaften angewiesen.
Reformprozesse und Produktionsstrukturen in der Landwirtschaft
Bis Mitte der 70er Jahre waren in Jakutien alle Kollektivwirtschaften mit dem Ziel zentralisierter Wirtschaftsführung in Sowchosen überführt worden. In der Gorbatschow-Ära wurden den Sowchosen ab 1987 größere Spielräume für wirtschaftliche Entscheidungen und den Hauswirtschaften Erweiterungsmöglichkeiten eingeräumt.
Nach dem politischen Ende der Sowjetunion erfolgte dann 1992/94 die Auflösung aller jakutischen Sowchosen. Es entstanden zunächst ca. 100 staatlich subventionierte Agrarunternehmen(Großbetriebe) verschiedener Rechtsformen, 150 Kollektivwirtschaften und 4116 Fermerwirtschaften(CRATE 2003, S. 869). Die Auflösung der Sowchosen war in die Hände der ehemaligen Sowchosdirektoren und der lokalen Administration gegeben. Sie entschieden über die Verteilung der Agrarflächen und der Betriebsmittel an die ehemaligen Beschäftigten bzw. Dorfbewohner. Die staatlichen Vorgaben dafür enthielten Prioritäten. In erster Linie war die Gründung von privatbäuerlichen Fermerbetrieben(in der jakutischen Agrartradition auf Kin(Großfamilien)-Basis zu unterstützen. Für jedes Mitglied einer Fermerwirtschaft war die Zuteilung einer 10 ha-Fläche, zusammengesetzt aus 1 ha Ackerland, 5 ha Heuwiese und 4 ha Naturweide vorgesehen(CRATE 2003, S. 872). Darüber hinaus waren im Dorf 10/15% der Heuwiesen/Weiden als Reserveflächen für Notfälle(Witterungskatastrophen) vorzuhalten und der Rest gleichermaßen auf die Hauswirtschaften der Dorfbewohner zu verteilen. Schon zwischen 1993 und 1998 verlagerte sich der Schwerpunkt der Erzeugung von Agrarprodukten auf die ungezählten Hauswirtschaften der Dorfbevölkerung mit ihrer dominierenden Subsistenzproduktion.
Tab. 6.4.3-2: Verteilung der Agrarproduktion auf die betrieblichen Grundtypen der Agrarwirtschaft Jakutiens 1993— 2002(in%)
Grundtyp 1993 1995 1998 2002
Quelle: Nach RossiJSKiJ STATISTICESKIJ EZEGODNIK 2003, S. 404 f.
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