Teil eines Werkes 
Bd. 3 (1912) Die Volkskunde / von Robert Mielke [u.a.]
Entstehung
Seite
136
Einzelbild herunterladen

f36

Da -er Kurfürst die Königsberger Gewerksgenossen, die, wie in ähnlicher Weise die Schuster, zu dem Recht des Sporentragens wollen gekommen sein angeblich mit den Waffen und Standarten der besiegten Schweden beschenkt hat, so erschienen sie bei der Krönung des ersten Preußenkönigs in Brustharnischen mit Hauken und Standarten, und auch die Berliner haben bis in die letzten Jahre hinein nicht aus diese Ausrüstung verzichtet.

Die Schiffer von Friedrichsthal und Walz bei Oranienburg, von Lappe bei Zehdenick und von anderen Orten hatten die Sitte, an einem Sonnabend der Fastenzeit vor dem Kruge zwei hohe, mit Laub umwundene Mastbäume aufzurichten. Nach Be­endigung des Gottesdienstes ziehen sie am folgenden Sonntag mit Musik im Dorfe herum, wobei junge Schiffer, die in diesem Frühjahr die erste Fahrt mitmachen, einen besonders für den Zweck angefertigten Kahn tragen, während andere mit Fahnen voraufgehen. So bewegen sie sich vor den Höfen der angesehenen Bewohner, bringen dort ein hoch aus und nehmen ein kleines Geschenk in Empfang, das in den Kahn gelegt wird. Nach beendetem Umgang werden die Fahnen an den Masten aufgehangen und der Kahn hoch oben zwischen ihnen befestigt. Lin Tanz beschließt den Tag, an dem sich abwechselnd die verheirateten und die Ledigen beteiligen. Am Montag wird das Geld und die ge­sammelten Lier, Würste usw. gemeinschaftlich verzehrt.

Bauopfer. Man war sich kaum des großen Gegensatzes bewußt, der zwischen der nach Art großer Herren gerichteten Maskerade und der inneren Leere des Zunft­lebens bestand; man war es um so weniger, als ja diese Verschiebung der Rollen auch bei anderen Ständen Platz gegriffen hatte. Za, man trug vielfach in Worten und Handlungen eine Frömmigkeit zur Schau, die zweifellos einen ernsten Hintergrund hatte und vielleicht auf sehr alte Anschauungen über die Bedrängnisse im Leben zurückgingen. Daß bei größeren Arbeiten der Segen des höchsten angerufen wurde, ist aus einzelnen Zeugnissen belegt. Am altertümlichsten ist dabei der Brauch bei den Maurern und Zimmerern. Man wird hier zu unterscheiden haben (wie es ja auch bei den Lrnte- gebräuchen der Fall ist) zwischen dem eigentlichen Bauopfer und dem Festakt über die gelungene Ausführung. Bei dem ersteren handelt es sich um das Opfer eines Lebe­wesens, um die Bewohner vor Schaden zu bewahren. Ls mag dahingestellt sein, ob das Opfer ehemals ein Mensch war persönlich möchte ich das bezweifeln, jeden­falls aber steckt hinter der Sitte, ein Li oder noch barbarischer einen Hund, ein Huhn, eine Katze oder ein anderes Tier lebend einzumauern, sicher ein sehr ernster Gedanke. Zn Guben fand man beim Abbruch eines Gebäudes die vertrockneten Körper von vier Hühnern, einem Wiesel, einer Ratte und dicht daneben zwei Lier. An anderen Stellen, vielfach im alten Berlin, hat man als Abschwächung des barbarischen Brauches Gefäße eingemauert, die vermutlich eine Flüssigkeit (wein?) enthielten. Leider sind von den Segenswünschen, die mit dem Akt wohl einhergingen, keine bekannt geworden, obwohl der Brauch noch im f8. Zahrhundert ausgeübt wurde, vielleicht deuten die drei Hammerschläge, mit denen der Bauherr und alle, die ein Znteresse an dem Bau haben, den Grundstein weihen, die letzte Abwandlung der alten Sitte an.

Richtfest. Noch mehr treten die Beziehungen zu dem Lrntebrauch bei der Richt­feier hervor, die kurz vor der Vollendung die beteiligten Handwerker vereinigt. Me