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die Pflanzen in kleinere Bündel gebunden und in die Röte gebracht, d. h. sie werden Nächteh in das Wasser gelegt, um den Bast lösen zu können, hernach kommt der Flachs auf die Felder und schließlich zum völligen Trocknen in die Backöfen. Jetzt ist er reif für die „Bracke" (Abb. I Ich, im havellande als Heede- oder Herbsthund bezeichnet, ein Instrument, um den Stengel in kleinere Teile zu zerbrechen und sie vom Bast zu befreien, was durch das Schwingeln am „Schwingelbock" oder der „Schwinge" (Abb. 11 f) vollendet wird. Schließlich setzt noch das hecheln ein, um die feineren Flachsfasern von den gröberen, der Heede oder dem Werg, zu sondern (Abb. fsZ). Nun erst beginnt die Arbeit der Spinnstube mit ihrer Romantik.
Vater und Mutter, und wenn die Großeltern noch lebten, auch diese, nahmen an dem Abende nur schweigend oder wenig unterhaltend teil. Die älteren Männer strickten
Abb. uo. Brakstuhl.
Abb. Hechel.
Abb. tll> Schwingel.
wohl auch, während die anderen gleichfalls am Spinnrad arbeiteten, denn es war eine erhebliche Menge — bis elf oder zwölf Strähnen —, die von jeder Spinnerin in der Woche gesponnen werden mußte, um die Flachsernte zu bewältigen. Bald nach 8 Uhr setzten sich die Töchter des Hauses mit den Mägden zum Spinnen nieder, zu denen sich einige Freundinnen gesellten, bis die Freundesschar versammelt war. Die Burschen stellten sich in der Regel erst später ein, wenn die Mädchen schon einen Teil ihrer Arbeit hinter sich hatten. Gegessen wurde nicht, nur wenn ein junges Mädchen nach der Schulentlassung zum ersten Male in der Spinnstube erscheint, muß es Abendbrot und Tanz geben (Fläming), was aber wohl erst sehr spät aufgekommen sein dürfte. Solange die jungen Mädchen unter sich waren, bestand die Unterhaltung in dem eifrigen Durchhecheln der Dorfereignisse, wobei es natürlich nicht an übermütiger Kritik der Personen fehlte. Zwischendurch sang man auch eines jener schönen Volkslieder, die an anderer Stelle dieses Bandes ausgezeichnet sind. Beim trüben Schein des Mkrüsels griffen bald auch
9 Merkwürdig diese Angabe, bei der die Zeit nicht nach Tagen, sondern nach Nächten begrenzt wird.