Teil eines Werkes 
Bd. 3 (1912) Die Volkskunde / von Robert Mielke [u.a.]
Entstehung
Seite
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die Burschen ein, die mancherlei gruselige Geschichten erzählten, bis die Phantasie ihrer schönen derart erhitzt war, daß sie sich gern die Begleitung der ersteren gefallen ließen.

Jede Spinnstube hatte ihre Regeln. Wenn einedicke Scherbe", eine Verdickung des Fadens enstand, mußte sie unter dem Spott der anderen wieder auseinander gezupft werden; man würde das Stück der Sünderin um den Finger wickeln und anzünden, wurde gedroht (Utzdorf). Riß aber gar einmal ein Faden ab, dann wurde das Ende auf die Spule gehängt, und es hieß dann,der Bräutigam der Spinnerin ist aufgehängt". Wehe aber, wenn das ein Bursche bemerkte, denn dann nahm er das Spinnrad fort, das das Mädchen gegen einen Ruß auslösen mußte (Utzdorf)?) Wie man bei der Ernte gern noch ein letztes Büschel stehen läßt, so durste man auch beim Spinnen nicht den letzten Rest verarbeiten, der unabgesponnen bleiben mußte, sonst würde der Spinnerin beim Nachhausegehen ein Spuk begegnen. Wir haben also auch beim Spinnen ein symbolisches (Opfer! An anderer Stelle (Fläming) wurde während des Spinnens eine Pause gemacht, in der die jungen Mädchen sich vor dem Hause erholten. Erst nach dieser traten die Burschen ein.

In der wendischen Lausitz sind die Spinten oft strenger voneinander geschieden als in deutschen Gegenden. In Groß-Rrausnigk?) wo sogar die Teilnehmerzahl polizeilich gemeldet wurde (igsty), bestanden solche für ältere Burschen und Mädchen (vom ( 7 . Jahre bis zur Verheiratung) und für jüngere von >4 bis (7 Jahren, für Schulkinder, für junge Frauen und für die Alten. Jeder Neuaufgenommene und Aus­tretende mußte eine kleine Summe, eine Mark, geben, die dann später gemeinsam in der Mädchenspinte vertrunken wurde. Auf dem Fest derLangen Hinte", desFuderabends" (Fröhden), das vor Weihnachten stattfand, mußten freilich die Mädchen allein die Rosten tragen. Am (820 herum soll dann während der ganzen Nacht gesponnen worden sein. Am Schluß der vorweihnachtlichen Spinnzeit, amScheideabend", wird auf gemein­same Rosten eine Feier von Burschen und Mädchen veranstaltet. Vier Wochen vor Fastnacht findetIcmper" statt. Dazu müssen die Mädchen die Musik bezahlen, den Rüchen backen und Braten und Getränke liefern, die im Spinnbausy verzehrt werden. Ein Tanz im Wirtshause schließt sich an.Am Fastnachtsmontag gehen wieder die Burschen durch das Dorfzempern". Einige Burschen sind verkleidet, einer hat eine Heugabel zum Empfang der Gaben (Schinken, Speck, Wurst, Pfannkuchen), ein anderer hat einen Rober für die Eier, ein Dritter nimmt die Gelder in Empfang. Den Gebern wird aus einer Flasche zugetrunken und diese herumgereicht. Mit den Mädchen des Hauses und auch der Hausfrau wird mehrere Male in der Stube herumgetanzt. Be­sonders wird Abends im Wirtshause mit den Frauen getanzt, die reichlich gegeben haben. Der letzte Spinnabend vor (Ostern heißt wieder Scheideabend und wird meist mit einer Abschiedsfeier beschlossen." In Seelow und Züllichau wurde bei der Schlußfeier, die dort Tolacker-Abendh bieß, ein selbstgebackener Rüchen verzehrt, der vermutlich den Namen für die Feier hergegeben hat.

Line eingehende Schilderung der Spinnstube in Ützdorf hat Max Bartels in der Zeit­schrift siirMolkskunde (XII. ,902 S. ?z) gegeben.

0 Otto in Zeitschrift des Vereins für Volkskunde IX, ,899, S. 99 u

ft «olerzRing, Rundung, Reifen. S. handtmann in Bär VI, S. 200.