— 142 —
einst in allen Häusern für den eigenen Bedarf in Übung war, die aber im 18 . Jahrhundert obrigkeitlich unterdrückt wurde, weil sie dem Schuhmachergewerk zu starken Wettbewerb machte?)
Der Verkehr.
Brandenburg ist ein Land, in dem sich der große Handels- und Durchgangsverkehr in ganz bestimmten und festen Linien bewegte. Was abseits dieser Verkehrsadern war, ist nur wenig von ihnen beeinflußt worden. Es lag zudem in dem Wesen dieses Uleinverkehrs, daß die Elemente, die ihn trugen, mehr oder minder im Banne bestimmter Anschauungen standen und daß sie die Eigenart des Landes und der Bevölkerung nur festigten. Es waren neben, den selten weit über das engere Heimatgbiet gelangenden Bewohnern zunächst die Handwerksburschen und die Fuhrleute, die die Straßen bevölkerten. Aber diese waren, wie wir gesehen haben, in ihren Anschauungen und Formen so gebunden, daß sie neue Einflüsse auch dann nicht mit sich bringen konnten, wenn sie aus anderen Ländern stammten. Andererseits zogen die Straßen alle diese Elemente an, um sie in Sammelstellen zu leiten, die sie umgekehrt der Landessitte unterwarfen. Wohl schaute der märkische Bauer einen Augenblick verwundert auf, wenn er den für ihn fremdartigen süddeutschen Gruß „Grüß Gott" einmal vernahm, um dann sein ebenso übliches „Guten Tag" zu erwidern. Dabei ist es bemerkenswert, daß der Wärter diese Form zu jeder Tageszeit anwendet, wenn er sich in der Öffentlichkeit bewegt, daß er den Wtorgen oder Abend nur berücksichtigt, sowie er sich im Dorfe oder Bekannten gegenüber befindet.
Der alte Weg hat seine eigene Poesie rustikaler Art. Wer sich dort trifft, findet eine gleichgestimmte Seele, die mit Humor die eigene Unvollkommenheit betrachtet. Der Fastnachtsspruch der Treuenbrietzener Tuchmacher:
Hier kommen wir Tuchmacher geschritten;
Hätten wir ein Pferd, dann kämen wir geritten.
Hätten wir einen Wagen, dann kämen wir gefahren.
trifft so ungefähr das Richtige, indem er mit fröhlicher Laune das unerreichbare Bequeme malt. Es war in der Tat das Landesübliche, zu Fuß von C)rt zu (Drt zu wandern und mit gleichgesinnten Genossen ein Lied zu singen. Die großen Straßen hatten wohl von (Zeit zu Aeit eine bäum- oder heckenumhegte Ausbuchtung, in deren Schatten sich Handwerksburschen, Fuhrleute und andere Straßenwanderer zu gemeinsamer Ruhe zusammensanden. In der Umgebung Berlins sind die letzten dieser Ruheplätze erst vor eitlem Wenschenalter verschwunden, vereinzelt mögen sie an den ehemals belebten Landstraßen noch heute vorhanden sein. Die Gasthäuser wurden in der Hauptsache nur von Einheimischen oder von Fremden besucht, die mit eigenem Gespann fuhren. Die Handwerksburschen richteten es in der Regel so ein, daß sie am Abend in einer Stadt Gbdach fanden.
>) Bär VII, ,881, S. 27; XV, l«S9, S. 227.