Teil eines Werkes 
Bd. 3 (1912) Die Volkskunde / von Robert Mielke [u.a.]
Entstehung
Seite
143
Einzelbild herunterladen

Abb. Altes Gastzimmer in Suckow (tvestprignitz).

Gasthöfe. Die ländlichen Gasthäuser waren im Westen der Provinz keineswegs ärmlich. Sie entfalteten sogar eine verhältnismäßige Behaglichkeit dem, der dort vor­übergehend Aufenthalt suchte. Kein Wunder, denn die Wirte hatten zum Teil eine erhebliche Ackerwirtschaft und betrieben das Gastwirtsgewerbe nur nebenher.

Besonders häufig hatten die Müller den Gasthof inne, weil dieser oft auch einen Verkaufsladen einschloß (Abb. I lh. Auch waren sie für Nachtquartier einge­richtet, das freilich für die auf weiter Fahrt befind­lichen Fuhrleute wenig Bequemlichkeit bot. Gin großer, länglicher, mit Stroh halbgefüllter Aasten, der in den:

Hausflur oder dem Schankzimmer stand, diente als Bcttlager. Für das Zudecken brachte im Winter der

Fuhrmann seinen schweren pelz mit. Wer das Bedürfnis nach einer größeren Waschung hatte, ging hinaus zum Brunnen. Während aber die Gast­zimmer im Westen sauber und in ihren einfachen Möbeln von fester Gediegenheit waren, sind sie im Osten nicht immer von großer Wohnlichkeit gewesen. Das lag an den wirtschaftlichen Verhältnissen, die in den Dörfern recht viel Aleinbauern mit wenig Besitz festhielten. Für diese war die Wirtsstube oft Versammlungs-, Aauf- und Verkaufslokal; hier herrschte immer Leben, lautes Leben, das selten Achtung vor der Abend­stunde kannte. Der Frachtfuhrmann, der vor der Anlage der Eisenbahnen die märkischen Straßen belebte, war oft gezwungen, in diesen Wirtshäusern zu übernachten. Mit einem schwarzen, breitkrämpigen Hut bedeckt, ein Tuch lose um den hals geschlungen, gekleidet in ein hellblaues Staubhemde, in kurze, schwarzlederne oder Mauschesterhosen und graue Mamaschen und mit Nägeln beschlagene Schnürstiefel/) fo schritt er gravitätisch neben seinem Wagen einher. Er hatte seinen Berufsstolz ebenso wie der Hand­werker, wenn er auch nicht einer Innung angehörte.

Äußerlich waren die ländlichen Gasthöfe recht stattlich. In der wohlhabenden Prignitz standen sie selbst den städtischen nicht nach (Abb. s 15). An den großen Verkehrswegen waren sie fast

Abb. tts. Gasthof zu Demerthin.

durchgehends mit einer mächtigen Vorlaube versehen, unter der nicht

Abb. ns. Gong bei Ütz (ksavelland).

') So schildert ihn Prof, holtze in seinen: Bildern aus Berlin vor zwei Nenschenaltern. Schriften des Vereins für die Geschichte Berlins XXXV, ,8I8, s. 85.