— (53 —
wer große Fische ißt, bekommt großes Geld. In Fahrland bei Potsdam besteht das Essen am Heiligabend aus Grünkohl mit Bratwurst, oder aus siebenerlei Gerichten. Nämlich aus Wurst oder Schweinefleisch mit Sauerkraut, Ulohnklößen, Aarpfen, gebackenen Birnen und Pilzen (Schlesisches Himmelreich genannt), Brinkelhirse, Semmelmilch, die Weiße Dragoner heißt. Auch werden Striegeln und Wlohnhange gebacken. Am Gründonnerstag muß man Brezeln essen, um vom Fieber verschont zu bleiben (Beelitz). Ungesalzene Gründonnerstagsbutter heilt alle Wunden (Biesenthal). Wenn man dagegen an diesem Tage bäckt, fressen die padden den Flachs ab (Seebeck bei Lindow). Wer am Aarfreitag Fleisch ißt, den beißen die Flöhe (Friedeberg). Am Sonntag Lätare ißt man stellenweise Fastenbrezeln. Gstern gehen die Ainder herum und sammeln Tier ein, die vielfach mit Zwiebelwasser bunt bemalt sind.
In bunter Fülle wirken die volkstümlichen Bräuche wie Alosaikreste, die aus den ersten Blick kaum eine Linie erkennen lassen. Erst bei liebevollem Suchen offenbaren sie einen Zusammenbang, der zunächst nur ein Bild grau in grau zeigt, der aber in Verbindung mit Sitte und Brauch in anderen Gebieten erst schärfer wird. Für Brandenburg aber zeigt ein tieferes Eindringen, daß hier doch mehr altes Leben noch verborgen ist, als man es in der Regel ahnt.
Volksheilkunde.
Finsterer Aberglaube breitet seine Schwingen über diesem Gebiet der Volkskunde. Aus der einen Seite eine Unvernunft der Wittel, die selbst der Ulenge die Augen öffnen sollte über das Törichte der heilversabren, auf der anderen aber wieder ein blindes Vertrauen zu ihrer Wirkung, das selbst durch Feblschläge nicht erschüttert wird. Und doch ist die Unvernunft nicht immer der Ausgang, oft genug, ja wahrscheinlich immer, ist der Urgedanke, auch wenn er für uns nicht mebr erkennbar ist, von einer sorgfältigen Naturbeobachtung ausgegangen, der freilich durch die Uberschichtungen einer Mehrtausend' jährigen Aultur seltsame, nicht immer schöne Züge angenommen hat. Der überall auf der Erde verbreitete Glaube, daß die Arankbeit nicht ein Fehler im menschlichen (Organismus, sondern von außen her, von feindlichen Ulächten herbeigeführt sei, dieser Glaube einer weit entschwundenen Urzeit bricht auch durch die christlichen Abwehr- mittel hindurch. Wenn man im Teltow das sehr giftige Bilsenkraut (llvosoFknmw nchor) mit Wachs und Baumwolle zu einem Lichte gestaltet, das brennend gegen den Zahn oder an das Ghr gehalten wird, damit die „olle Uläde" rauskommen soll, wenn man selbst diese Uladen als rot mit schwarzem Aopf oder als weiß mit rotem Aops bezeichnet (vgl. v. Sch. V, (HO)/) dann haben wir diese Vorstellung recht klar vor uns.
^ Die wissenschaftlich zuverlässige Literatur stützt sich im wesentlichen aus wenige Arbeiten, aus die hier Bezug genommen ist. Sie ist der Kürze halber solgendcrmaßen angeführt:
v. Schulen bürg, Wendisches Volkstum (v. Sch. W. v.); v. Sch ule »bürg, lllärkische Kräuterei aus dem Kreise Teltow. Monatsblatt der Ges. f. Heimatkunde der prov. Brandenburg V (v. Sch. V); Han dl mann, Aberglaube in der Mark, Bär XIII sHu.st Friede! in den