Teil eines Werkes 
Bd. 3 (1912) Die Volkskunde / von Robert Mielke [u.a.]
Entstehung
Seite
154
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Auf gleicher Stufe steht die andere Darstellung, daß inan eine Irrankheit, die man von feindlichen Aläckten erhalten Kat, auch wieder anderen zuführen müsse, um sie loszuwerden. Hinter den fast undurchsichtigen Vorstellungen mehrerer Jahrtausende erkennt man doch die Krankheiten als personifizierte Wesen, die von irgendeinem Körper- organ Besitz ergreifen, und die man nur überwindet, wenn man sie auf ein anderes Lebe­wesen überträgt oder, was vielleicht eine ältere Betrachtung ist, sie den Elementen, dein winde, dem Wasser, dem (bestem, dem Feuer, also den Urelementen im Sinne des Aristoteles, übermittelt.

Die «Seit Kat, um die umständlichen Heilverfahren abzukürzen, bald bestimmte Wittel, entweder aus der Batur beobachtete oder von dem Kultus übernommene, ge­funden, die sich häufig von den Urvorstellungen lösten und zu sinnlosen Werkzeugen erstarrten. Alan Kat in diesen abergläubischen Gepflogenheiten nur den Ausdruck einer Furcht erblicken wollen, vielleicht lassen einzelne Tatsachen, die namentlich in der Groß­stadt beobachtet sind, einen solchen Schluß zu; im allgemeinen aber kommt in der Volks­keilkunde ein mehr vertrauliches Verhältnis zu den Krankheiten zum Ausdruck, das der Furchtbeklemmung doch nur wenig Raum gibt. Die Großstadt, die in ihrem Volks­tum selbst sck'o» hippokratische Züge aufweist, kennt oft nur das abstrakte Mittel, dem selbst die verblaßten Erinnerungen ehemaliger Kulthandlungen fehlen. Es fehlt nicht an Andeutungen, wie sich die Begriffe über die Heilwirkungen verschieben. Aus der Beobachtung, daß Basenbluten, Schlucken u. a. durch einen jähen Schreck zum Stillstand gebracht werde» können, hat man einen unvermuteten Sturz in das Wasser oder das Einstecken eines kalten Eisens in den Backen als Heilmittel erkannt. Daraus entwickelte sich die Anschauung, eine ganz bestimmte Stelle des Wassers für allein sicherzuhalten wie den Hoetensteig in Königsberg i. d. B.-AI. oder, mit Beziehung auf widere Vorstellungen, die Benutzung eines Kirchenschlüssels (Hn. XIV, 79). Zu der Beobachtung, daß der - clnnerz eines verbrannten Fingers sich an dem stets kalten Ohrläppchen unterbrechen ließ, kam die Anrufung eines Heiligen, z. B. des heiligen Petrus:Au fei Petrus" sHn. XIII, Aüi), um mit der <c>eit die Heilwirkung diesem allein zuzuweisen.

Alan wird nickt immer in der Lage sein, jedes Alittel auf seinen Ursprung hin zu erkennen. Aloderne ,o>üge haben sich eingeschlichen, für die man zunächst keine Er­klärung Kat. Der verrostete Bagei, der am besten von einem Sarge genommen wird, um Zahnschmerz zu stillen, das Beißen auf einen Katzenschwanz und die anschließende Geste des Rauchens an ihm, erscheinen uns zwecklos, obwohl es einen weg aus einer bestimmteren älteren Vorstellung zu diesen unverständigen Ersatzmitteln geben muß. Als mit den - tippfeuerzeugen der sechziger Jakre des vorigen Jahrhunderts eine Schwefel-

Monatsbl. der Ges. f. Heimatkunde der Prov. Brandenburg (Fr. M.,; Prahn, Glaube und Brauch in der Mark Brandenburg. Aeitschr. d. Vereins f. Volkskunde I (Pr. I); Haase, Volks­medizin in der Grafschaft Ruppin und Umgebung. Zeitschr. d. Vereins f. Volkskunde VII (H. VII); Gn gellen und Lahn, Ser volksmund in der Mark Brandenburg (L. u. L.); Ruhr, und Schwärt;, Norddeutsche Sagen, Märchen und Gebräuche (R. n. S.); Kuhn, Märkische Sagen und Märchen (R ). Persönliche Beobachtungen sind mit M. gekennzeichnet. Die sehr fleißige Arbeit von Poetters, Noch einiges vom Böten. Monatsblatt der Ges. f. Heimatkunde der Prov. Brandenburg VIII ist hier unberücksichtigt geblieben, weil sic keine Quellenangaben hat. ver­einzelte Hinweise sind als Anmerkungen gegeben.