Teil eines Werkes 
Bd. 3 (1912) Die Volkskunde / von Robert Mielke [u.a.]
Entstehung
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säureauflösung in das Haus kam, wurde eine scharfe Essenz gegen Zahnreißen bald von dieser ersetzt, die man mit Matte in den hohlen Aahl steckte, bis der leidende vor überragendem Schmerz tanzte undkor lockig" zu Boden sank (Hn. XIV, 7y).

Hu der überwiegenden Mehrzahl indessen sind die Büttel der Volksheilkunde sebr alt. Ganz heidnisch mutet das uckermärkiscbe Buttel mit dem Holunderbaum an, nack^ dem man dem Fieber in folgender Weise wehrt. Bttt Sonnenuntergang gehe man zu dem Strauche, lege ein Stroh- oder anderes Band nm den Stamm, befestige es mit drei Irreuzknoten und sage:

Flera (Flieder) ick kloag di, datt Fewer ploagt mi.

Ick bind't an nn goah doarvon.^t

Auch der Eschenbaum spielt eine Bolle gegen Bluten. Aber das Buttel muß am Aar freitag oder am Peter-Paulstage schweigend und vor Sonnenaufgang geholt werden, wobei der Ast mit einem scharfen Hackemesser mit drei lüeben losgetrennt werden muß Durch Auflegen oder Streichen des getrockneten Holzes wird das Blut sofort gefüllt?-) Das ist noch unverhülltes Heidentum, wenn auch die Heilwirkung zum Teil schon mil christlichen Gedanken gefördert wird.

Das Anrufen von Ehristus und den Heiligen, unter denen Petrus, Paulus, Lorenz an der Spitze stehen, bildet doch nur eine Verstärkung des Buttels, nicht dieses selbst; sonst würde man kaum dazu gekommen sein, es auch einmal mit dem Teufel zu ver­suchen, wenn das erstere nicht helfen will lA. u. S. 437).

Derr breitesten Raum in der Volksbeilkunde nehmen die Svmpathiemittel ein, dis häufig noch unverkennbar gegen die Arankheit als personifizierte Übel gerichtet sind. So beißt eiir Bötspruch (Böten, d. h. büßen) aus der Neumark:Unser lsterr Ehristus ging über den Jordan und hieß das Wasser fülle sieben: also soll das Blut auch fülle stehen. Am Namen Gottes, des Sohnes und des Heiligen Geistes." Mder ein anderer aus derselben Gegend:Frisch ist die Wunde, heilig ist die Stunde, beilig ist der Tag, wo dies geschach! Wunde, ich gebiete dir, daß du weder eiterst noch schwärst. Du sollst verschwinden, wie der Engel verschwand, der unserm Herrn Ehristus die Wunden ver­band. Das gebiete ich dir zur Buße hhh (Hu. XIII, 61 i). Aumeist geht der

Bötspruch von einer anderen Person aus, die bei Aopfrose, Masern, Scharlach, Pocken, Wechselfieber in das Heilverfahren eingreift; doch kann der Aranke das Verfahren auch selbst vornehmen. Eine Aranke in Berlin merkte sich an einem ebemals wilden, aber veredelten Apfelbaume einen Aweig, und an diesem eine Stelle, an der sie ihn an­fassen wollte. Bei abnehmendem Blonde, an einen: Dienstage, dem darauffolgenden Freitage und dem nächsten Dienstage ging sie schweigend zu dem Baum, ergriff den Hweig und sprach:Hck greif dich an, du wilder Ast, nimm von mir meine schwere Last, mag es sein Gicht oder Podagra, so soll es alles bei dir einschleichen. Hm Namen Gottes usw."H Tag und Stunde sind bei diesen Vorgängen von der größten Bedeu­tung. Der Hobannistag spielt eine große Rolle. Alauert (I'rikolium urvonso), eine

Ü Lendke, Uckermärkisches Volkstum und lebendes Altertum 22. Ähnlich bei Uu. Xlll, 2sr>.

*) ?endke, a. a. B. 5 . 2(.

-st R. T. im Bär XI, - 722 .