Teil eines Werkes 
Bd. 3 (1912) Die Volkskunde / von Robert Mielke [u.a.]
Entstehung
Seite
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faßte einen Strohhalm, da war es am Morgen ein richtiger Mensch, die Tochter der Nachbarin. Auch als Aatze erscheint es, oft wie ein Schatten, und ist als weißer Nebel fortgegangen. Aber die Sonne darf es nicht bescheinen, sonst stirbt der, dessen Geist es ist. Wenn einer einen Schatz hat und verachtet ihn oder ist ihm untreu, dann kommt dessen Geist. Oft ist er sehr weit her. Gin Mann hatte mal die Mare gefangen, da war es ein ganz nacktes Frauenzimmer und achtzig Meilen weit gekommen. An den zusammengewachsenen Augenbrauen erkennt man sie. Mittel dagegen ist, die Schuhe mit den Spitzen nach außen vors Bett stellen. Außerdem verstopft man das Schlüssel­loch und macht drei Areuze auf der Schwelle, so kann die Mare n cht hinein. Gin Anecht litt immer an Martedrücken. Gines Tages verstopft er alle Löcher in der Stube, nur ein Astloch bleibt offen. In der Nacht hört er an seinem Bett, als klettere eine Aatze

herauf, packt zu und hat die Marte gefangen. Auf sein Zurufen verstopfen die anderen schnell das Astloch und stecken Licht an; da sehen sie ein junges, nacktes Frauenzimmer. Die hat der < Anecht geheiratet, und sie hatten zwei Ainder.

D Mal als das Gespräch darauf gekommen, zeigt

er ihr das Astloch und zieht den pflock heraus, sogleich war sie verschwunden. Doch jeden Sonntag kam sie wieder, hat die Ainder ge­waschen, gekämmt, ihnen reine Wäsche an­gezogen, ohne daß einer sie gesehen hat. Li­der Anecht es dem Prediger erzählte, dann ist sie nie wiedergekommen. Ginem Mann in der Stadt Strausberg erging es ebenso. Als er seine Frau fragte, wie es gekommen, daß sie Mare geworden, verschwand sie für immer.

Zn der Lausitz kommt die Gottes­klage oder Wehklage, die üÖL-ckuLö, l>ör>tz»ö, seltener böö-ckos Gotteshaar, l>öAl>l<>8 Gottesstimme, eine kle ne alte Frau mit roten Augen und langen, wild herunterhängenden paaren, die ihr bis über den Schoß gehen. Sie sitzt vorm Pause, unterm Fenster oder im polunderflrauch, darum soll man kein Fliedcrholz im Stubenofen verbrennen, und weint und wehklagt, wenn e n Unglück über das Paris kommen soll. Die Alten in der Lausitz haben immer gesagt : in jedem Pause unterm Dach sind zwei Schlangen, die bringen Glück und Gesundheit, die eine dein Wat, die andere der Wirtin, und mit Pauswirt und Wirtin sterben auch die beiden Schlangen. Auch im Oderbruch hegte man vordem die Schlangen im Pause. Bei Lübbenau liebten die Schlangen den Sohn eines Försters. Gine war ihm besonders treu, begleitete ihn unsichtbar überall hin, und stach einen anderen, der ihn erschlagen wollte, tot. ^n Schloß und Park dort sind die Schlangen eingebannt. Der Schlangen­könig war in der Mark einzelnen kleinen Aindern besonders gewogen, kam zu ihnen in die Stube, schcukte ibnen seine Arone und machte sie reich.

Abb. rsii. Ein Mädchen mit dem Uenil- zeichen einer Mare. Lausitz. 1878 .