Teil eines Werkes 
Bd. 3 (1912) Die Volkskunde / von Robert Mielke [u.a.]
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Im Jahre 1287, am Freitag nach Himmelfahrt, hatte ein Jude eine Hostie ge­stohlen aus der Kirche des Dorfes Techow und sie bei einem Galgen vergraben, nachdem er das heilige Sakrament vorher in Stücke gerieben. Dann lief er mit blutigen Händen nach pritzwalk. Lin Bürger verstellte sich als Priester und bat den Juden dorch den oversten Gott, de loef unde Graß geschapen hedde, ock dorch leve der Oltvädere des Iödesken Volcks, dat he emme doch mochte de Warheit seggen. Im vertrauen auf das Beichtgeheimnis zeigte ihm der Jude den Vrt, stieß mit seinem Fuße darauf und sprach: Hie ligt jouwe God!" Da ergriffen ihn die Bauern, und er mußte den Tod durchs Rad erleiden. Dieses Sakrament verrichtete dann Wunder zu Techow, und Markgraf Otto von Brandenburg erbaute das Kloster zum heiligen Grabe beim Dorfe. Im Jahre 12-19 hat ein Weib zu Zehdenick, die einen Lierschank hatte, eine geweihte Hostie vor ihrem Bierfaß vergraben, daß sie mehr Zulauf hätte. Darauf hat man beim Nach­graben in ihrem Keller die Hostie nicht mehr gefunden, aber blutige Lrde, und diese in die Kirche getragen, wo sie viele Wunder tat. Deß zum Gedächtnis wurde im Jahre 1250 in Zehdenick ein Iungfrauenkloster errichtet, vor alters brannte in dem damaligen Dorf Wilsnack die Kirche ab, nur drei Hostien in weißer Leinwand fand man nach dem Brande auf dem Altar vor, aber ganz mit Blut besprengt. Sie taten viele Wunder, bis sie im Jahre 1552 vom Pfarrer der neuen Lehre verbrannt wurden. Lin herrschaft­licher Jäger erstach den Pfarrer im Beichtstuhl mit seinem Waidmesser, weil er ihm Absolution verweigerte. Dafür wurde das ganze Dorf Bechlin in den Kirchenbann getan, und die Linwohner mußten an den Grenzen Wachen aufstellen, daß kein Rei­sender ins Dorf gelangte. Als nun einst der regierende Graf von Ruppin gefahren kam, durchschnitt die Wache ihm an derWarnung" mit einem Knies die Stränge am Wagen. Zum Andenken ist noch heute das sichelartige Messer an der Kirche. Linst zog ein schweres Gewitter über Stadt und Kloster Lindow herauf. Drei Tage hielt es an. Da sagte eine junge Nonne, die sonst sehr schweigsam war und oft harten Bußen sich unterzog:Nur allein mir gilt der Zorn des Himmels!" und trat aus der Klosterpforte hinaus, obwohl alle anderen Klosterschwestern flehentlich abrieten. Da traf sie ein Blitz, und bald darauf schwand das Ungewitter. Im Jahre 1325 fielen die Polen und Litauer in die Mark ein und hausten entsetzlich. Nichts fand vor ihnen Schonung. So stürmten sie auch einmal ein Nonnenkloster und mißhandelten die frommen Jungfrauen. Lin schönes Fräulein zog den Tod der Schande vor und versprach dem Wüterich einen Zauberspruch, auf daß ihn nichts verwunde. Sie kniete nieder, bekreuzigte sich, betete: In manu« tuLs oowinevcko spiritum inenm!" Nun hieß sie ihn zuhauen, daß er den Spruch erprobe, da rollte ihr Kopf ihm vor die Füße. An der Ostseite der Stadtkirche zu Guben ist ein Nonnenkopf eingemauert und ein Ziegenkopf. Als die Hussiten so furchtbar wüteten, flüchtete eine Nonne auf das Kirchendach und nahm eine Ziege mit und ein Bündchen Heu. Die Ziege fraß das Heu und von ihrer Milch lebte die Nonne, bis die Hussiten wieder weg waren. Auf der Burg an der Dosse bei Fretz- dorf weilte ein Ritter aus der Llbegegend zu Besuch bei seiner verlobten Braut, dem Burgfräulein. Da meldete ein Bote, feindliche Ritter bedrohten seine Burg. Seine Braut begleitete ihn bis auf den Hügel, wo heute die Kirche des Dorfes Herzsprung steht. Dann nahmen sie Abschied. Täglich kam sie auf den Hügel und schaute nach der Llbe hinaus.