Teil eines Werkes 
Bd. 3 (1912) Die Volkskunde / von Robert Mielke [u.a.]
Entstehung
Seite
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Die Kunde kam, daß der Ritter in der Fehde gefallen. Da haderte sie mit Gott und kehrte täglich nach dein Hügel zurück, wo die Leute sie eines Tages tot im Grase liegen fanden. Das Herz war ihr vor Wehleid gesprungen. Der Burgherr, ihr Vater, baute auf der Stätte eine Kapelle, und dann entstand das Dorf Herzsprung. Bei Nacht ersteigt noch jetzt kein Dorfmädchen den Hügel, denn noch immer geht die Jungfer um, weil sie mit Gott gehadert. Am Dom zu Havelberg kommt man in einem engen Turm auf einer Wendeltreppe zum Kirchendach und von da in die Mönchstube. Hierher flüchteten sich die frommen Brüder in der äußersten Not und wälzten große Feldsteine herab auf die heraufstürmenden Feinde, die sie so vertrieben. Im Dom ist ein Grabdenkmal des Bischofs Wepelitz. Aber sie sagen, sein Grab ist nicht da, sondern an den steilen Ab­hängen nach dem Dorfe Wepelitz zu. Da ruht er in einem goldenen Sarge. Alle, die beim Begräbnis tätig waren, sind nachher hingerichtet worden, daß keiner die Stelle ver­riete. Ähnlich berichtet schon Iornandes von Alarich. Als seine Goten, die ihn über die Maßen liebten, im Bett des abgeleiteten Flusses Barent den König mit vielen Kost­barkeiten beerdigt hatten, töteten sie die Gefangenen, die das Grab gegraben, daß nie­mand die Stelle verrate. Und von jenem Eiland der Gstsee, wo die GöttinNerthus", die Nkutter Erde (^orra mater), ihren fegenspendenden Umzug hielt, weiß Tacitus die Kunde, - die Hörigen, die nachher in dem (heiligen) See den von Kühen gezogenen Wagen der Göttin wuschen, alsbald vom See verschlungen wurden. Tetzel trieb Ablaß­handel in der Stadt Jüterbog. Von ihm hatte der Ritter von Hake aus Stülpe für viel Geld Ablaß für eine große Sünde gekauft. Von Jüterbog fuhr Tetzel nach Berlin, und als in den Bergen beim Dorfe Holbeck die Pferde den geldschweren Wagen im Sande kaum von der Stelle brachten, überfiel ihn der Ritter mit seinen Geharnischten. Viele von Tetzels Knechten fanden dabei ihren Tod. Seitdem heißen die Höhen da die Mordberge.

Luther hat doch die Bibel aus der Sklaverei geholt, und sie verfolgten ihn. Da kam er bei einem Bauer vorbei, der Hafer säte, und sagte ihm:Hol die Sense und mäh den Hafer." Dann fand der Bauer den Hafer reif zum Mähen und sagte, als die Ver­folger kamen:Damals, wie ich den Hafer gesät, kan: ein Mensch vorbei." Da gaben sie die Verfolgung auf. So war Luther mit der Bibel glücklich durchgekommen. Paul Gerhard sollte wegen seiner Lehre hingerichtet werden. Im Kerker dichtete er:Was soll ich mich denn grämen." Auf einer Kuhhaut schleiften sie ihn durch die Stadt vors Tor, aber der Scharfrichter konnte nicht zuhauen. Dann durfte Gerhard mit Frau lind Kindern Berlin verlassen. Nachts in der Schenke, wo er übernachtete unterwegs nach Lübben, erreichten ihn zwei Abgesandte vom sächsischen Kurfürsten und überbrachten ihm die Berufung zum Amt. Da hat er das Lied gemacht:Befiehl du deine Wege."

Ein gottloser Bube im Dorfe Lunow hatte die Hand gegen seinen Vater erhoben und ihn geschlagen. Wie er tot war, wuchs ihm die Hand aus dem Grabe. So oft man sie mit Erde bedeckte, immer kam sie wieder heraus. Dann schlug man sie mit Ruten, alles vergeblich. Da hat man sie zuletzt abgehauen, und noch hängt die ver­trocknete Hand mit der Rute zur ewigen Warnung in der Kirche zu Lunow. Die vier Löwen am Turm der parochialkirche zu Berlin brüllten früher die Stunden aus. Der Magistrat hat aber dem Meister die Augen ausstechen lassen, daß er nicht ein zweites