Teil eines Werkes 
Bd. 3 (1912) Die Volkskunde / von Robert Mielke [u.a.]
Entstehung
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mahl das Brot aus dem Mund nehmen. Tr hängte es in einem weißen Tuch an einer Weide auf. Danach mußten sie schießen bei Sonnenaufgang. Zwei sahen sich um wider das Verbot und sahen in der Sonne den Heiland am Kreuz. Den dritten holte zu Gstern brüllend ein kupfernes Männchen.

Gericht. Auf dem Ratsberg hinterm Schloßberg in Sommerfeld (Kreis Krossen) stand früher eine alte Eiche, jetzt umgehauen. Da haben die alten Deutschen ihr Gericht abgehalten. Die Verurteilten wurden vom Berg in den Sumpf hineingestürzt. Zm Zungfernturm in der Stadt Guben stand vordem eine eiserne Frau, in jeder Hand ein Schwert. Wer etwas verbrochen hatte, mußte sie küssen und ihr dabei auf die Zehen treten, sofort schlugen die Schwerter zusammen, der Kopf war ab und fiel in einen Graben, der unten vorbeifloß. Auch war im Turm eine Tonne, innen mit Nägeln. Verbrecher wurden darin den Berg hinunter ins Wasser gerollt. Tin Herr von Kahle- butz im Dorfe Kampehl hatte im Jähzorn einen Schäfer erschlagen. Vor den Richtern verschwor er sich, nie wolle er verwesen, wenn er's getan, und noch heute liegt er un- verwest in der Gruft bei der Kirche. haare und Nägel wachsen immerfort. Auf dem Galgenberg bei Kamern ist ein Unschuldiger hingerichtet worden und begraben. Zum Zeichen seiner Unschuld ließ Gott sieben Eichen aus der Erde wachsen, die sich zu einem Stamm verwuchsen. Als man eine davon fällte, schwitzte der Stamm blutige Tränen. Drei Brüder mußten zum Zeichen ihrer Unschuld drei junge Linden verkehrt einpflanzen. Die Linden schlugen wieder aus und wurden die drei großen Bäume, die vormals auf dem Kirchhof des Hospitals zum heiligen Geist in Berlin gestanden haben.

Verschiedenes.

Ganze Dörfer, selbst Städte sind untergegangen, in den Hussitenkriegen, im dreißig­jährigen, und sonstwie in alter Zeit. Solche Stellen heißen noch jetzt: das alte Dorf, die alte Stadt, die wüste Feldmark. Westlich vom Dorfe j)rötzel heißt ein Fleck Landes die Stadtstelle, die Stadt im Blumenthal. Tin großer Granitstein liegt, wo einst der Marktplatz war. Menschen- und ssterdetrappen sollen auf ihm gewesen sein. Tine weiße Frau zeigt sich hier. Tine andere Stadt ist zwischen Gderberg, Neuenhagen und Liepe untergegangen. Ebenso weiß man von unzähligen unterirdischen Gängen, die meist allsgehen von alten Klöstern, Kirchen, Burgen, Schlössern, und auch von Burgwällen und Bergen, namentlich Marienbergen. Sie erstrecken sich oft weithin und selbst unter breite Leen hinweg. Mehrfach heißt es, daß sie von Nonnenklöstern zu Mönchsklöstern führten. Zn manchen sind Schätze, so in dem von der Klosterkirche zu himmelpfort, der unterm Stolpsee weg nach Zehdenick geht, fünf Tonnen Gold. Einmal mußte ein Böttcher aus Zootzen die Reifen antreiben, die Geister verbanden ihm die Augen, bis er drinnen war. Zn einer Anzahl märkischer Städte sind alte Tore vermauert. Neben dein jetzt benutzteil Stadttor ist ein zweites zugemauert, ja selbst zwei und sogar drei. Ts heißt, weil ein Kaiser durchgezogen, oder die Seuche in die Stadt kam, oder die Slawen früher durchgingen. Auch sieht man in mehreren Städten eine Keule an den Toren aufgehängt. Am bekanntesten ist die von Züterbog und die Tasel mit der Aufschrift:Wer seineil Kindern gibt das Brot, und leidet nachher