Teil eines Werkes 
Bd. 3 (1912) Die Volkskunde / von Robert Mielke [u.a.]
Entstehung
Seite
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Mit den echten Stücken reisten sie zum König und machten ihm die Kunststücke vor. Der wunderte sich nicht wenig, und als der älteste Bruder seinen Heiratsantrag machte, sagte der König nicht nein, und die Prinzessin sagte auch nicht nein. So wurde die Hochzeit festgesetzt. Ls wurde verabredet, nach des Königs Tode sollte Bliche! König und sein Bruder Märten Minister sein.

Das war gut genug ausgedacht, kam aber ganz anders. Die Aurüstungen zur Hochzeit dauerten vier bis sechs Wochen, denn die Braut mußte doch Bettwerk und Kleider zur Aussteuer in Vrdnung bringen. Inzwischen wollte sich Hans einst einen Zeitvertreib machen. Lr nahm seine Gerätschaften und ging damit aufs Feld. Lr sagte:Tischtuch, -ecke dich!" aber das Tischtuch wollte sich nicht deckeil, und ebenso ging es mit dem Tornister und Hut; keine Soldaten wollten marschieren und keine Kanonen­kugeln herausfliegen. Da merkte Hans, daß ihn seine Brüder betrogen hatten. Lr trug die Sachen nach Hause, schmiß sie in die Kammer und lief seinen Brüdern nach, hin nach der Residenzstadt. Nun mußte sich das recht wunderlich begeben, daß ihm unterwegs ein Mann mit einer Karre voll Besen begegnete.Guten Tag, Landsmann," sagte der Besenmann.N)o soll die Reise hingehen?" fragte Hans.Ich komme voll der Stadt und habe Lust, mir die Welt ein bißchen um die Ghren zu schlagen. Augenblick­lich aber gefällt es mir in der Welt schlecht, denn ich habe großen Hunger."Das ist recht schade, daß mich meine Brüder um das schöne Tischtuch gebracht haben. Wenn ich's noch hätte, dann wäre uns beiden geholfen." Und damit erzählte er dem Besen­karrer den ganzen Betrug.Das ist aber recht schandhast voll den Brüdern," sagte der Besenbinder,so an dir zu handeln. Aber laß nur sein, die Schelmenstreiche sollen ihnen beiden schlecht bekommen. Wenn du mir versprichst, daß ich dein oberster Minister werde, dann will ich dir zu dem Königreich verhelfen." Hans versprach ihm das mit einem Handschlag.Sieh mal," sagte nun der Besenbinder,hier habe ich einen alten Mantel unter meinen Besen zu liegen. Wenn einer sich den umnimmt, dann ist er unsichtbar." Damit nahm er sich den Mantel um, und richtig, er war verschwunden.Diesen Mantel nimmst du um und gehst ins Königsschloß. And hier habe ich auch noch einen Sack, da sind lauter Knüppel drin. Den nimmst du untern Arm, und wenn du in Gefahr kommst, brauchst du bloß zu sagen: »Knüppel, raus aus dem Sack? Dann prügeln sie auf den los, den du bezeichnest. So, nun geh. Ich wünsche dir viel Glück. Vergiß mich auch nicht, wenn du König geworden bist." Hans fragte ihn noch, warum er selber denn nicht versucht hätte, die Prinzessin zu kriegen.Klein Sohn," sagte der Besenmann,das Weiberzeug kürt heutzutage zu sehr. Da soll iminer schlanker Wuchs und ein glattes Gesicht sein, und das habe ich nicht mehr, wie du siehst. Ich bin ja auch zweiundsechzig Jahre alt." So nahmen sie Abschied.

Hans nahm sich den alten Mantel um, seinen Sack untern Arm und wanderte nach dem königlichen Schloß hin. Kein Mensch sah ihn, als er hineinging. Lr war sehr bald mit seinen Brüdern zusammen und hörte, wie sie sich über ihren Schelmenstreich freuten. Seine Sachen hatten sie in einer heimlichen Kammer versteckt. Hans versteckte sie sowie den Sack mit den Knüppeln im Garten und ging dabei auf und ab. Lr dachte, seine Brüder sollten kommen. Aber den ersten Tag lauerte er vergeblich. Ihn fing an zu hungern, so ging er in seinem Mantel ins Schloß, setzte sich an den Tisch und mit