Teil eines Werkes 
Bd. 3 (1912) Die Volkskunde / von Robert Mielke [u.a.]
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der Volksläufigkeit schweigen. Vielmehr muß unser Begriff des Volksliedes sich so aus­weiten, daß er diese Lieder mit umfaßt. Das Volkslied ist keine geheimnisvolle Gattung dunklen Ursprungs, die von der Kunstdichtung durch chinesische Mauern getrennt wäre; es erfährt bald stärker, bald schwächer die Einflüsse der Kunstdichtung, aus der es ohne Umstände sich bereichert. Freilich ist ein konservativer Zug im Volke: neben dem Neuen bleibt das Alte weiter lebendig und geht neue Verbindungen ein. Der Forscher, der für eine Ausweitung und Klärung des Volksliedbegriffes in unserer Zeit das meiste tat, hat den Vergleich mit dem bäuerlichen Hausrat gezogen?) Zn der poetischen Schatzkammer des Volkes sieht es aus, wie in einer Bauernstube mit den Möbeln älterer und jüngerer Generationen. Aufzeichnungen aus demselben Ort und Zahr, wie sie sich liederbuchartig bisweilen im Erkschen Nachlaß finden?) werfen gute Schlag­lichter auf den Grad der Mischung des Alten und des Neuen, der in der Mark um eine bestimmte Zeit erreicht wurde. Am f850 erscheint danach das alte Volksgut auf dem platten Lande noch im Übergewicht?)

I. Das größere weltliche Lied,

l. Balladen.

Die Volksdichtung in gebundener Rede erreicht in der älteren Volksballade ihr höchstes. Größte Knappheit der Schilderung, sicher geschaute und kraftvoll hingestellte Personen, lebendige Rede und Gegenrede, Steigerung: das waren die Vorzüge, die die Kenner des Volksliedes hervorhoben, seit man in den Tagen Herders den Reiz der Volksdichtung wieder empfinden gelernt hatte. Stofflich schöpft die Ballade aus recht ver­schiedenen Quellen, aus alter und junger Sage, historischen Erinnerungen, wandernden Novellenstoffen. Es spricht für das Alter eines solchen Liedes, wenn mythische Bestand­teile in ihm fortleben. Das ist der Fall bei den Liedern vom Wassermann, die in der fluß- und seenreichen Mark noch im l9- Jahrhundert mehrfach ausgezeichnet wurden. Es lebt in diesen Liedern die alte mythische Vorstellung vom Wasser als belebtem, unheimlichem, sein Opfer forderndem Elemente fort. Von zwei in Wittstock f852 aus­gezeichneten Fassungen geben wir hier die kürzere, in Erk-BöhmesLiederhort" über­gangene (Erks Nachlaß 20 , 22 »).

freit ein

ei - ner Braut.

st John Meyer: Kunstlieder im volksmunde, Halle lyos, S. XIV. st I. B. aus Hohensaathen im Dderbuch: 20-ss.

st von unserer Betrachtung scheidet das historische Volkslied aus, um in dem Abschnitt über die Literatur der Mark Berücksichtigung zu finden.