Teil eines Werkes 
Bd. 3 (1912) Die Volkskunde / von Robert Mielke [u.a.]
Entstehung
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Punkte setzte dann die Vermengung ein, die in einigen brandenburgischen Fassungen recht weit geht. Zunächst ist es um sichere Anschauung der Örtlichkeit jetzt getan: die Tochter willauf grüner Heide" spazieren gehen, dann geht sieauf die Straßen", schließlich springt sie in das Meer. Aber es werden jetzt auch der schönen Jüdin die spielenden Ge­schwister beigesellt (Sachsenhausen bei Oranienburg). Das Merkwürdigste aber ist ein freilich etwas jenseits der brandenburgischen Grenzen aufgenommenes Lied, dessen erste Strophe mit obiger Soldiner Fassung übereinstimmt, während alle übrigen Strophen der Ballade von den Aönigskindern zugehören/) Vergessen ist hier der Christ, vergessen die Taufe. Tine Iudentochter wird eingeführt, spielt aber völlig die Rolle der Aönigstochter. Die poetisch geringere Ballade von der Iudentochter scheint in der Mark Brandenburg um s850 auf dem besten Wege, das Lied von den Aönigskindern aufzusaugen (während in anderen Landschaften das Verhältnis umgekehrt liegt). Zahlreich sind die Notierungen derIudentochter". Man fand das Lied in Adamsdorf bei Soldin, Berlin, Biesenthal, Birkenwerder, Brandenburg a. H., Dannenberg bei Freienwalde, Gramzow, Groß-Neuen- dorf im Oderbruche, Müggelsheim bei Töpenick, Potsdam, Sachsenhausen bei Oranien­burg, Vieseke bei Milsnak, Wagendorf, Wilhelmsaue im Oderbruch?)

Das Lied von den Aönigskindern dagegen ist spärlich ausgezeichnet. Daß das edlere Lied unterlag, ist wohl darin begründet, daß in den brandenburgischen (und allen mitteldeutsche») Fassungen die vier Txpositionsstrophen schon früh verloren gingen; ohne diese fehlt dem stimmungsreichen Liede doch das rechte epische Anochengerüst.

Wie hier die Religion, so trennt in anderen Volksballaden der Standesunterschied die Liebenden. So in der schönen alten Ballade:Das Schloß in Österreich". Einem jungen Anaben hat ein adeliges Iungfräulein ihre Neigung zugewandt und ihm eine goldene Aette geschenkt; aber die bringt ihn um sein Leben. Doch das Lied verweilt bei dem Liebesmotive nicht, es eilt hin zu dem schwermütigen Abschiede des jungen Anaben von dieser Welt und ist somit der Gruppe der Todeslieder zuzuweisen. Tine schwer­mütige Innigkeit wohnt, wie dem ganzen Liede, so besonders den Schlußversen inne. In der Mark sang man das Lied wie folgt?)

l-Ls liegt ein Schloß in «Österreich, Das ist gar schön gebauet.

Von Silber und von rotem Gold, von Edelstein gemauert.

2 . Darinnen liegt ein Jüngling schön, Der ist gar hart gefangen, lvohl HO Klafter in der Erd'

Bei «Dttern und bei Schlangen.

Z. Sein Vater kam von Rosenberg Wohl zu dem Sohn geritten:

Ach Sohn, herzliebster Sohne mein, Du bist gar stark bekettet."

H.herzliebster Vater, nur um Treu Bin ich so hart gefangen,

Wohl HO Klafter in der Erd'

Bei Nattern und bei Schlangen."

5. Der Vater vor die Herren trat,

Bat um des Sohnes Leben.

Ich Hab daheim drei Rößlein schön,

Die will ich für ihn geben."

s.Drei Rößlein schön sind hübsch und fei», Die tuen wir nicht nehmen;

Euer Lohn der trägt 'ne golden Reit', Die bringt ihn um sein Leben."

h Aus Leitzkau bei Magdeburg; Erks Nachlaß 3,.

h Erks Nachlaß 3^-is; 283 z«; 3^968; 3ls3s; 26 zgi; 2190 ; Liederhort Nr. 22 .

3) Erks Volkslieder II l, Nr. «5. Auch in Schwedt soll das Lied 183g bekannt gewesen sein: Erks Nachlaß Sss (nur Notiz).