272
r. „Mein Sohn trägt zwar 'ne goldne Kett', Lr hat sie nicht gestohlen;
Lin Jungfräulein hat sie ihm verehrt, Aus Treu ihm anempfohlen."
8. „Ach Vater, liebster Vater mein, was macht mein Herzallerliebste?"
Sie ringt die Händ', schaut in die Höh, Ihr Herz macht ihr zerspringen.
9-Der Vater vor die Herren trat:
„Gebt ihr mir los den Knaben,
Ich Hab daheim drei Töchterlein schön, Oie schönste sollt ihr haben."
10. „Drei Töchterleiu sind hübsch und fein. Die tuen wir nicht nehmen;
Lur Sohn der trägt 'ne goldne Kett', Die bringt ihn um sein Leben."
11. Nur bringt den Knaben vors Gericht, Die Leiter soll er schauen:
„verbindet mir die Augen nicht,
Ich muß die Welt noch schauen!"
12. Ls waren kaum dreiviertel Jahr,
Da war die Tat gerochen:
Da haben sich wohl 200 Mann Ums Knaben willen erstochen.
;s. wer hat denn dieses Lied erdacht, Gesungen auch desgleichen?
Das haben getan drei Jungfräulein Zu Wien in Österreicher:.
Das Lied gehört in ganz Deutschland zu den meistgesungenen; östlich reichen die Aufzeichnungen bis Siebenbürgen, westlich in die Niederlande, nördlich über die deutschen Grenzen hinaus nach Dänemark und Schweden. Es stammt aus dem s6. Jahrhundert?) Aber auch die neueren Aufzeichnungen zeigen ziemlich gute Erhaltung.
Das leichtsinnige Gegenstück zu diesem ernsten und edlen Liede ist das Lied vom jungen Schuhmachergesellen, der straflos auch die letzte Gunst einer Markgrüfin genießen darf und dem Galgen ein Schnippchen schlägt. Der Rationalist Nicolai hielt dieses Stückchen einst für geeignet, den aufkeimenden Volkslied-Enthusiasmus zu diskreditieren, verfehlte aber seinen Zweck. Der frische Leichtsinn des Liedchens war den Freunden des Volksliedes neben den früher bekannt gewordenen ernsten Stücken auch willkommen. Den Helden des Liedes nimmt jeder Stand für sich in Anspruch, bald ist es ein Schuhmachergeselle, bald ein Nkaurer, dann ein Student, ein Husar usw. Im fischreichen Vderbruche muß es ein junger Fischer sein.
Hohensaathen ;852. — Nachl. 20s«4.
Ls war ein bra-ver Jung - fi - scher-ge - soll-chen, das war ein jun - ges
- .
Blut, der fisch-te des jun-gen Mark-gra-fen See, die Fi-sche die fan-get er gut.
I.Ls war ein braver Jungfischergesellchen, Das war ein junges Blut.
Der fischte des jungen Markgrafen See; Sie Fische die fanget er gut.
2. Als er sich müde gefischet hatte,
Legt er sich nieder und schlief.
Da kam des jungen Markgrafen Weib In ihrem schneeweißen Kleid.
) Älteste Aufzeichnung ein fl. Bl. von l6«s — Liederhort Br. 6.