Teil eines Werkes 
Bd. 3 (1912) Die Volkskunde / von Robert Mielke [u.a.]
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Mein braunes Pferd versetz ich nicht,

Dein junges Leben reit' ich nicht;

Ach Schiffmann, laß nur sinken,

Die schöne Magdalen, die soll ertrinken."

Ach Schiffmann, du seingütiger Mann, Halte nur dein Schiff so lange wie du kannst, Ich Hab' eine Schwester, die liebet mich Und löset wieder mich Aus diesem schönen Schiff."

Die Schwester angegangen kam,

Die Schwester sah sie traurig an:

Ach Schwester, versetz dein grünen Kranz Und löse wieder mich Aus diesem schönen Schiff."

Meinen grünen Kranz versetz ich nicht, Dein junges Leben rett' ich nicht,

Ach Schiffmann, laß nur sinken,

Die schöne Magdalen, die soll ertrinken."

5 ,Ach Schiffmann, du seingütiger Mann, Halte nur das Schiff so lange wie du kannst. Ich Hab' einen Liebsten, der liebet mich Und löset wieder mich Ans diesem schönen Schiff."

Der Liebste angegangen kam,

Die Liebste sah ihn traurig an:

Ach Liebster, versetz dein blankes Schwert Und löse wieder mich Aus diesem schönen Schiff."

Mein blankes Schwert versetz ich wohl, Dein junges Leben rett' ich schon;

Ach Schiffmann, komm zu Rande Die schöne Magdalen, die soll zu Lande."

Es gibt außerdeutsche Lieder, die das gleiche Motiv in recht ähnlichen Situationen ausprägen. Man wird für das Lied höheres Alter, als die erste literarische Spur be­zeugt, annehmen dürfen?)

Die große Masse der anderen Liebeslieder spiegelt die einzelnen Momente des Liebeslebens, wie es sich im ländlichen Lebenskreise gestaltet. Die Werbung des jungen Burschen auf dem Dorf beginnt mit demFensierln", wie der bekannte süddeutsche Aus­druck lautet. Mit drolliger Ungeduld stammelt der Liebhaber:

Ich kann nicht sitzen, ich kann nicht stehen, Ich muß zu meinem Schätzchen gehen,

Zu meinem Schätzchen muß ich gehen Und wenn ich soll vorm Fenster stehen.

Aber nicht immer wird ihm willkommener Einlaß, wie in dem Liede dieses An­fangs, das in Groß-Neuendorf und perleberg bezeugt ist?) Anderwärts muß er hören: hätt'st du einen anderen lieb, wäre ich auch nicht betrübt, fragte nichts nach dir" (prenzlau)?) Gder der in winterlicher Abendluft Frierende wird noch geneckt :

Friert's dich an dein Fingern,

Zieh Handschuh drauf an,

Damit du kannst klopfen:

Klops noch einmal an!"

Der so Abgefertigte sagt in einem verbreiteten LiedeLiebesklage und Abschied" der Spröden wehmütig für immer Lebewohl. Als beste Probe derartiger Lieder folge

H vgl. Reifferscheid: westfälische Volkslieder S. ;Z8. 2) Liederhort Nr. 126.

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