— 294 —
Glück und das Bangen der heimlichen Liebe schildern ein paar Volkslieder, von denen das von Grk unter dem Titel „Liebesschmerz"' gegebene (Liederhort S. 354) in der Mark am meisten verbreitet gewesen zu sein scheint; Aufzeichnungen liegen aus Birkenwerder, Dahme und Paarstein vor?) In fliegenden Blättern des späteren 18. Jahrhunderts ist es oft überliefert, sein hauptsächliches Verbreitungsgebiet scheinen die mitteldeutschen Landschaften zu sein, Von dem Tone mögen zwei Strophen eine Vorstellung geben:
z. Schau an, schau an mein bleiches Angesicht, Schau wie mich die Liebe hat zogerichtl Kein Feuer ist auf Erden, das brennet allso
lheiß,
Als verborgene Liebe, die niemand weiß.
4 . vorn und Disteln die stechen gar zu sehr, Aber falsche Zungen noch viel mehr, viel lieber wollt ich gehn, wo vorn und
sDisteln stehn,
Als wo zwei falsche Jungen beisammen stehn.
Die heimliche Liebe ist auch das Thema einer Ballade „Schlächters Töchterlein", die in Birkenwerder ausgezeichnet wurde?) Das Mägdlein des Liedes leugnet keck das Gerede der Leute, die sie mit einem Fähnrich aufziehen; aber alles hat seine Richtigkeit, und als der Liebhaber um Mitternacht anpocht, setzt sie sich hinter ihn auf sein Pferd und trägt einem begegnenden Schweinehändler übermütige Grüße an die Heimat auf. Die Technik und die Formeln der Volksballade alten Stiles sind geläufig gehandhabt.
Mutwille und Scherz, wie er im Schluß dieses Liedes hervorbricht, spricht sich wohl auch in selbständigen kleinen Liedern aus, besonders als Neckerei unter den Liebenden. Dieser Art ist der aus Studentenkreisen ins Volk gedrungene Liebesgruß: „Wenn du zu meinem Schätzlein kommst, sag ich lass' sie grüßen" mit der Pointe:
wenn sie fraget, ob ich krank,
Sag, ich sei gestorben, wenn sie an zu weinen fangt,
Sag, ich käme morgen.
Er? nahm das Lied in Berlin aus mündlichem Gesänge auf (Liederhort S. 2s6).
Alle Töne des Scherzes und Ernstes, der Wehmut und der Innigkeit, ja fast jedes Motiv, das die Liebeslyrik des Volkes überhaupt ausgebildet hat, klingt irgend einmal an in den zahlreichen Liedern vom Scheiden und Meiden. Zu dieser Gruppe hat auch jede Zeit ihren Beitrag geliefert, und es wäre reizvoll, die wechselnden Stilarten an dem gleichen Motive zu studieren. Die in der Mark verbreitetsten Lieder dieser Art gehören nicht der ältesten Schicht des Volksliedes an ; es sind die Lieder: „Schatz, mein Schatz, warum so traurig," vielleicht das älteste der Gruppe, das auch bis in den tiefsten Süden des deutschen Sprachgebietes verbreitet ist?) von dessen Alter wir aber nur feststellen können, daß es Ende des s8. Jahrhunderts bereits im Volke geläufig war?) Dann das bekannte, im Anfang des s8. Iahrunderts schon gesungene, „Es ritten drei
*) Erks Nachlaß 3 «»«;
2 ) Lrk-Jrmer 6 «.
°) Siehe die Nachweise bei Aöhler-Meyer Nr. il«.
*) Bragur i i,», aus dem geschriebenen Liederbuche eines Handwerksburschen. Nach einem Berliner fliegenden Blatte von zirka 1820 bei Büsching 2, Nr. 8 .