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Bd. 3 (1912) Die Volkskunde / von Robert Mielke [u.a.]
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Ich fahr zu jeder Zeit wohl rechte brave Leut,

Und wenn ich sie gefahren Hab,

So Hab ich tausend Freud usw.

Die Notierungen stammen aus Fürstenwalde und Nauen; natürlich ist das Lied jung.

Neben den Liedern, in denen ein Stand sein Leben poetisch spiegelt, stehen als nur scheinbar untergeordnete Gruppe die Lieder, die unmittelbar der Ausübung des Berufes dienen. Nur scheinbar sind sie untergeordnet, denn auch da waltet Laune, frischer Lebens­sinn, bisweilen Poesie. Man soll nicht gering denken über die zahllosen Nachtwächter­ruf e, die in ganz Deutschland sehr ähnlich sind und von denen daher eine kleine Probe aus der Potsdamer Gegend hier genügen mag:*)

Hört ihr Herren und laßt euch sagen Unsere Glock hat zehn geschlagen.

Lin jeder bewahr' sein Feuer und Licht,

Daß in unserm Dorf kein Schaden geschicht,

Dann lobet Gott den Herrn.

Zehn Gebot sind in der Welt,

Vas da Himmel und Erde hält.

Mensch wie ist dein Herz bestellt?

Nenschenwachen kann nichts nutzen,

Gott wird wachen, Gott wird schützen,

Herr, auf deine Huld und Macht Schenk uns heut ein' gute Nacht!

Die Fortsetzung ist nicht notiert, man weiß zur Genüge, welche vorwiegend religiös­biblischen Erinnerungen das Nachtwächterlied an die Stundenschläge anzuknüpfen liebt.

Gar nicht beschaulich, sondern derb realistisch oder burlesk sind die Lieder gewisser Wandergewerbe. An 5telle des prosaischen Ausrufens umherziehender Scheren­schleifer, Lumpensammler und ähnlicher Gewerbsleute, das heute monoton in Höfen und Straßen erklingt, war früher und ist vielleicht hier und da noch heute das Lied zum An­locken der Kunden gebräuchlich. So sangen die Scherenschleifer in Berlin (Büschung 2 »«):

1. Ls kam ein fremder Schleifer daher.

Er schliff die Messer und die Scher Schön grün, gelb, weiß, dunkelblau, au au, Schwarz, schwefelgelb und dunkelgrau.

2 . Lr ging und pfiff die Straß' entlang,

Lr ging und pfiff, er pfiff und sang. Schön grün, gelb usw.

z.Mein Kopf ist wie eine Uhr gestellt:

Ls dreht sich drinnen die ganze Welt. Schön grün, gelb usw.

p Mein Hals ist wie eine Leberwurst;

Je mehr ich trink, je mehr mich durst't. Schön grün, gelb usw.

5. Mein Herz ist wie ein Taubenhaus:

Die eine fliegt rein, die andre hinaus. Schön grün, gelb usw.

6. Mein Fuß ist wie Alexanders Pferd:

Er trägt mich wohl über die ganze Lrd. Schön grün, gelb usw.

7. Mein Hund ist wie eine getreue Frau:

Lr folgt mir überall, schreit wau wau. Schön grün, gelb usw.

8. Ich habe keinen Herrn und habe keinen

sKnecht.

Drum ist mir alles krumm und gerecht." Schön grün, gelb usw.

>) Lrks Nachlaß rs«oz. vgl. 28»« (Kuhbier bei pritzwalk) 2 i»-s (Berlin) usw.