Teil eines Werkes 
Bd. 3 (1912) Die Volkskunde / von Robert Mielke [u.a.]
Entstehung
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Diejenige Zeit aber, in der weltliche Volkslust die höchsten Wogen schlug, war die Fastnacht. Die volkstümlichen Fastnachtsgebräuche sind freilich in der Zeit, in der hauptsächlich durch Ad. Auhn ihre Aufzeichnung erfolgte, offenbar schon entartet: das Gabensammeln ist ungebührlich in den Vordergrund getreten. Aus Göpenick, Äralau und Treuenbrietzen wissen wir Näheres über diese Gebräuche. Zn Göpenick versammelten sich die Fischer des Aietzes und gingen unter Anführung von zweien, die mit Gishaken bewaffnet waren, in den Häusern umher; zwei andere trugen Fischkescher, um die ge­sammelten Gaben darin aufzunehmen. Zn dem Hause angekommen, setzten die An­führer die Gishaken in den Balken oder die Flurdecke. Nun ward gesungen:

Die Anführer:

Wollt ihr wissen, wer wir sind.

Wir sind das neue Wetterkind.

Drei Peezen wohl vor den Windl

Die übrigen:

Sie werden sich wohl bedenken Und uns einen Fastelabend schenken I

Die Anführer:

Hohlee, wieder hohleel Große Hechte, Luhlbarsel

Die übrigen:

Sie werden sich wohl bedenken Und uns einen Fastelabend schenken I Sie schenken uns einen Gulden,

Nun werden die Gaben gesammelt und

Danach wohl vierundzwanzig;

Sie schenken uns einen Schweinekopf,

Ist besser als eine Bratwurst,

Sie schenken uns eine lange Und laten die körte hangen.

Die Anführer:

Hohlee, wieder hohleel Große Hechte, Kuhlbarse!

Die Frau Wirtin und die Jungfer Töchter Haben sich zu eng geschnürt,

Sie werden auch noch heut abend Zum Tanze geführt.

Die übrigen:

Sie werden sich wohl bedenken Und uns einen Fastelabend schenken.

singen

darauf

Alle:

Sie habe» uns eine Verehrung gegeben fürs ganze Jahr,

Jahrein und -aus

All Unglück fahre zum Giebel hinausI

So die Göpenicker Sitte. Mancher Strahl des Volkshumors blitzt auch in dieser späten Form noch auf. Der Stralauer Gebrauch ist diesem ganz ähnlich. Auffallend ist bei beiden der Schluß, der doch einem Neujahrswunsch außerordentlich ähnlich sieht. Hier scheint auf die Fastnachtsgebräuche ein anderes Fest eingewirkt zu haben, das bei Slawen und Deutschen gebräuchlich war: Das Todaustreiben (Winteraustreiben) am Sonntage tätare. Gine phantastisch herausgeputzte Strohpuppe wurde dabei umher­getragen und nachher verbrannt. Gs war ein Fest der Sommerverkündigung und wurde bei den Slawen auch noch in christlicher Zeit als eine Art Neujahrsfeier empfunden. Daher jene Glückwünsche, daher auch die Erwähnung desneuen Wetterkindes". Spuren einer Feier des Lätare-Sonntages will A. Giertz noch um >900 im Barnim gefunden haben?) Die Fastnachtsgebräuche in Treuenbrietzen erinnern daran, dort hieß der Fast­nachtsumzug Aarrideln oder Aariln (ein dunkeles Wort), und er hat sich dort bis in

H A. Giertz, Bausteine zu einer Geschichte des Barnim, >go>ff., S. >20 (Manuskriptdruck).