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Wicklung muß wohl die gewesen sein, daß der Mensch den ersten besten Stein aufhob, um damit zu schlagen, sich zu verteidigen oder auch nur Früchte zu öffnen. Etwas höher stand er schon, wenn er Steine von besonderer Form auswählte, weil sie ihm zu bestimmten Verrichtungen geeignet erschienen. Noch weiter war er gekommen, als er selber dem Steine eine handlichere Form gab und unbequeme Kanten, Ecken oder Vorsprünge abschlug, um besser zugreifen zu können. In dieser Kunst der Formengebung hat er sich weiter entwickelt, bis er es verstand, den Stein nicht nur grob zuzuschlagen, sondern ihn durch geschickte Schläge oder Stöße zu schärfen. Tragen die beiden ersten Gruppen der Geräte nur Abnutzungsspuren, so zeigen die beiden letzten also auch schon Bearbeitungsspuren. Es ist selbstverständlich sehr schwer, Steine, die nur Abnutzungsspuren tragen, als Werkzeuge des Menschen erweisen zu wollen. Auch über die Herkunft der Feuersteine, die nur durch rohes Zuschlägen handlicher gemacht sein sollen, wird man sehr oft noch verschiedener Meinung sein können. Sicher sind dagegen die Geräte, die an der ganzen Gebrauchskante entlang kleine Schlagmarken (Muschelung) aufweisen. Sie gehören jedoch bereits größtenteils der paläolithischen Periode an. Mit Überlegung und mit hervorragendem Geschick sind diese sonst so einfachen Steingeräte gearbeitet. Hier ist die bloße natürliche Einwirkung ausgeschlossen. Für die Beurteilung des Alters spielt auch noch die Kruste, die „Patina" eine Rolle.
Entscheidend ist aber für die Eolithenfrage die Lagerung der Feuersteine in ungestörten tertiären oder höchstens frühdiluvialen Schichten.
Für die Mark Brandenburg kommen tertiäre Eolitlse bis jetzt kaum in Frage. Aber auch die diluvialen Feuersteinwerkzeuge — soweit sie wirklich als Werkzeuge betrachtet werden müssen und nicht der großen Menge der überall auftauchenden pseudo- eolithen zuzurechnen sind — bedürfen in jedem einzelnen Falle noch gründlicher Nachprüfung.
Um die märkische Eolithenfrage zu klären, ist noch eingehendes Studium namentlich auch der geologischen Schichten und scharfe Kritik dringend nötig. Selbstverständlich darf dieser Gegenstand nicht vernachlässigt werden, und die gewissenhafte Forschung wird auch hier bald zu sicheren Ergebnissen gelangen?)
Z. Spuren des Diluvialmenschen in der Mark.
Die Klimaverschlechterung seit dem Ende der Tertiärzeit hatte zur Folge, daß die Gletscher Skandinaviens immer weiter nach Süden vorrückten und das ganze nördliche Europa, auch die Mark, mit Eis bedeckten. Ebenso dehnten sich die Alpengletscher weiter aus, so daß in Mitteldeutschland nur ein schmaler Landstreifen vom Eise frei blieb. Die Eiszeit war nicht eine ununterbrochene Periode mit stets gleichem Klima; vielmehr scknvankte die Temperatur. Beim Steigen der Wärme zog sich das
tz Jäckel: Zeitschr. f. Lthnol. XXXV. 1903, s. 820-839- — A. Götze: Die vor- und frühgeschichtlichen Denkmäler des Kreises Mstprignitz. 1907, S. III. — Brandenburgia, Archiv X, Tafel XVII. — L. Friede!: Brandenburgia, Monatsblatt X, S. Hssf.; XII, S. 35-1 ff. — Zeitschr. f. Lthnol. 1902 S. 537. Ld. Krause, Klaatsch. — Zeitschr. f. Lthnol. 190L (verhandl. 31. 3 . und 25. 9. 1903).