Teil eines Werkes 
Bd. 3 (1912) Die Volkskunde / von Robert Mielke [u.a.]
Entstehung
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Gletschereis mehrmals nach Norden und Süden zurück. Nach jedem Rückzuge der Eis­massen nahm die Pflanzenwelt von dem ehemaligen Gletscherboden nach und nach wieder Besitz, und mit ihr wanderten auch die Tiere nach Norden, um beiin nächsten Vorstoß des Eises wieder vertrieben oder vernichtet zu werden. Während der verschiedenen Eiszeiten drang das Eis nicht immer gleich weit vor. Die letzte Eiszeit war die schwächste. Damals war nur noch der kleinere Teil Deutschlands vom Eise bedeckt.

In der Mark könnte der diluviale Mensch nur während der Zwischeneiszeiten (Interglazialzeiten) gelebt haben.

Während dieser Zwischeneiszeiten hausten in der Mark die großenvorweltlichen" Säugetiere, die wir als Zeugen der Eiszeit ja aus fast ganz Europa kennen. Eine ganz hervorragende Stelle nimmt unter ihnen bekanntlich das Mammut (Llepbus prinri- Aeuius) ein, von dem z. B. in den Rirdorfer Kiesgruben zahlreiche Reste gefunden worden sind. Neben dem Mammut kamen in der Mark auch Nashorn, Wildpferd, Ur, Wisent, Elch, Riesenhirsch, Wolf, Rentier, Höhlenbär, ja sogar der Höhlenlöwe vor?)

Ist nun der Mensch auch in der Mark der Zeitgenosse dieser Diluvialtierwelt gewesen? Hat er auch hier das Mammut und den Höhlenbären gejagt?

Mit dem Mammutmenschen von Rixdorf war es nichts?) Das in der Nähe von Mammutknochen gefundene Skelett erwies sich als jünger, trotzdem es in scheinbarunge­störten" quartären Schichten lag. Überreste des Diluvialmenschen selbst besitzen wir aus der Mark also nicht. Auch die Spuren seiner Werktätigkeit sind noch wenig zahlreich und vielfach noch recht unsicher; zu ihnen darf man eine Reihe roh zugeschlagener Feuersteine rechnen, die in der Umgegend von Berlin, bei Eberswalde und vereinzelt auch in anderen Gegenden der Mark beobachtet worden sind. Die angeschnittenen Geweih- oder Knochenteile des Rentieres und des Rothirsches, des Mammuts und anderer großer Säugetiere lassen allerdings vermuten, daß der Mensch während der Zwischeneiszeiten in der Tat in der Mark gelebt hat?)

Am sichersten scheint eine aus dem Geweih des Rothirsches hergestellte, im Mär­kischen Museum der Stadt Berlin aufbewahrte Hacke für den märkischen Diluvial­menschen zu zeugen (Taf. I, s u. 2). Diese durchlochte Hacke macht den Eindruck einer Ver­steinerung und zugleich den eines im Schmelzwasser des Gletschereises glatt abgerollten Geschiebes. Da sie bei prenzlau in einer Kiesgrube gefunden wurde, so läßt sich gegen ihre Herkunft aus deni Diluvium schwerlich etwas sagen?)

') K. Eckstein: Landeskunde der prov. Brandend. I, S. 288 ff. E. Friedet: Branden­burgia, Monatsblatt VII, S. 120.

2 ) L. Friedet: Brandenburgia, Monatsblatt IV, S. 162 ff.

') p. G. Krause: Spuren menschlicher Tätigkeit in den interglazialen Schichten von Lberswalde. Menzel: Zeitschr. f. Lthnol. 19 »S, S. soqff. Line Zusammenstellung der L. Friedelschen Arbeiten über dieses Gebiet: Brandenburgia, Archiv XII, S. 77 . Nehring: Zeitschr. f. Lthnol. 1895 . verhandl. S. 921. Neues Jahrbuch f. Mineralogie I8g5 I, S. 1888. Naturwiffensch. IVochenschr. (PotoniL) I895 S. 166.

H Diese Hirschhornhacke (Märk. Museum Kat. Nr. II gozz; Abb. Brandenburgia, Archiv X, Tafel III 1 und Monatsblatt XIII, S. 59 , Lichtdrucktafel) hat in der Literatur bereits ihre Geschichte. L. Friede! gibt an sBrandenburgia, Archiv X, S. zsf.f, daß die Hacke nach der Bestimmung durch Nehring aus einer Rengeweihstange hergestellt sei, vermutet selbst, daß sie vom grönländischen Ren slkanxiksr xrönlanäicus) stamme und hält sie für diluvial. Nach