Teil eines Werkes 
Bd. 3 (1912) Die Volkskunde / von Robert Mielke [u.a.]
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Barbaren" überließ/) da wurde im Sturme der Völkerwanderung das Römerreich eine sichere Beute der Germanen, die mit der Urkraft der Natursöhne das Weltreich zer­trümmerten. Der Limes wurde genommen s239/60j, die Germanen überschritten den Rhein sHOöj, und das 'alte Rom sank unter dm Schwertstreichen germanischer Krieger in Staub. Der Schauplatz all dieser Rümpfe war das westliche und das südliche Deutsch­land. Die Mark blieb von dem Ringen der aufstrebenden Germanen mit den absterbenden Römern zunächst unberührt. Schwerlich hat je der Fuß eines römischen Kriegers die märkische Heimat betreten, und niemals hat eine römische Kriegerschar, wie man das früher glaubte, die Mark unsicher gemacht.Römerschanzen" undRömer­keller" haben mit den Römern nichts zu tun. Wohl aber wurde auf den Schlacht­feldern des Westens auch das Schicksal der Mark entschieden. Und bei verschiedenen Episoden der deutschen Frühgeschichte spielt auch die Mark und spielen Märker eine Rolle.

Jene suebischen Scharen, die Ariovist über den Rhein führte, setzten sich aus ger­manischen Stämmen zusammen, die großenteils aus dem Innern und wohl gar dem Norden Deutschlands kamen. Vielleicht sind jene eigenartigen Spät-La-Ttzne-Fibeln mit zwei Bronzehalbkugeln, die ein vertieftes und mit Blutemail ausgelegtes Kreuz tragen/) in der Tat ein Zeugnis für die Heimat und die Züge ariovistischer Völker. Das Märkische Museum besitzt eine ganze Reihe ähnlicher Fibeln aus der Mark.

Als Tiberiusauf seinem Zuge im Jahre 5 n. Thr. an die Elbe kam, da soll (Velleius II, s06) ein germanischer Greis semnonischer Herkunft auf einem Einbaum über den Fluß gerudert sein, um den gewaltigen Täsar zu sehen, von dessen Glanz und Macht man namentlich in der Zeit vor der Teutoburger Schlacht in germanischen Wäldern gewiß viel und oft erzählte. Und jener Semnonenkönig Masuus, der zusammen mit der j/rophetin Ganna dem römischen Kaiser Domitian in Rom seine Aufwartung machte und glänzend ausgenommen wurde, dürfte ja auch ein Märker gewesen sein. Denn die Mark war der Stamm- und Hauptsitz der Semnonen, des mächtigsten unter den herminonischen Völkern, die in ihrem Haupt­heiligtum die Göttin Nerthus verehrten. Soviel uns Tacitus auch von diesem Heiligtum und seinen Verehrern erzählt, wir können nicht einmal mit einiger Sicherheit den Ort angeben, wo es gelegen. Wir wissen selbst nicht, ob es innerhalb öder außerhalb der märkischen Grenzen zu suchen ist.

Alle Sueben zeichneten sich durch eigenartige Haartracht aus. Das Haar der Männer wurde nicht wie man aus dem Tacitus herausgelesen und wie man es auf modernen Bildern so oft sieht auf dem Scheitel zu einem Schopfe, sondern an.der rechten Seite zu einem Knoten zusammengefaßt, wie man das an zahlreichen antiken Bildwerken beobachten kann. Uber die Kultur der märkischen Semnonen erzählt uns Tacitus mancherlei. Genauer aber weit genauer unterrichten uns die Funde.

Und gerade für die den meisten Historikern^ völlig rätselhaften und unverständlichen Erfolge der Germanen den Römern gegenüber geben uns die Funde erst den Schlüssel.

9 vgl. ks. Delbrück: Gesch. d. Kriegskunst usw. II, 2. Ansi. tyog S. 2iosf-

2) Kossinna: Korrespondenz!»!, d. d. Anthr. Ges. Igo?, S. so Abb.

2) Mommsen: Röm. Gesch. V, S. so.