Teil eines Werkes 
Bd. 3 (1912) Die Volkskunde / von Robert Mielke [u.a.]
Entstehung
Seite
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entlang zieht, erwies sich bei genauerer Untersuchung als eine Krippe, die beim Zu­sammenbruch der Wand heruntergefallen war und in ihren Hohlraum Teile der Lehmwand ausgenommen hatte. Damit steht die Bedeutung des großen Raumes als Stall nicht in Frage. Der Eingang zum Hause hat sich nicht Nachweisen lassen.

Die beim Aufdecken des Grundrisses gehobenen Einzelfunde bestehen zum weitaus größten Teile aus Gefäßresten, die für die Datierung des Bauernhauses von größter Bedeutung sind. Wendische Scherbett kommen überhaupt nicht vor; selbst Anklänge an wendische Gefäße sind äußerst selten. Es ist ein deutsches Bauernhaus gewesen, das mit der Giebelseite nach der heutigen Dorfstraße stand, die also wohl schon damals die­selbe Richtung gehabt haben muß. Das Wendendorf soll einer Sage nach von Vst nach West an den sumpfigen Wiesen gelegen haben. Daß dieses Bauernhaus einer sehr frühen Zeit der deutschen Besetzung angehört, beweist schon der Umstand, daß unter den sehr zahlreichen Randstücken nur zwei mit einer Tülle vorhanden sind oder vielmehr mit einem recht ungeschickten Versuch einer Tülle. Auch die für mittelalterliche Gefäße so eigentümlicheK raus e" ist nur in einem ganz schwachen Ansatz auf einer um den Hals eines Gefäßes laufenden Leiste beobachtet worden. Nicht ganz so selten sind die glasierten Reste. Namentlich gelbe und grüne Glasur tritt auf, doch auch schon schwarze und braune. Die Glasur ist aber fast immer noch etwas dürftig, meist nur innen angebracht, während die Außenseite roh ist. Außerdem ist bemerkenswert, daß die glasierten Stücke alle in den oberen Schichten lagen und auch mit modernen glasierten Scherben nahe der Oberfläche gemischt waren. In den unteren Schichten, namentlich innerhalb der ein­gestürzten Wände waren glasierte Scherben fast gar nicht, bemalte lblaßrot auf dem gelblichen Ton) nur in wenigen Exemplaren zu finden.

Recht häufig ist dagegen die älteste frühmittelalterliche Keramik mit ihren Gurt- furchen, die an merowingisch-karolingische Ware erinnern,' und mit den eigentüm­lichen scharf profilierten Rändern vertreten. Der Ton ist gut geschlemmt und niemals mit Steinchen gemischt, die Gefäße sind hart und klingend gebrannt.

An der Ostecke des Hauses lag eine Lekmgrube, die 2 m lang, 2 m breit und im ge­wachsenen Boden noch 0,30 m tief war. Der in dieser Grube gefundene Lehm war stark mit Ton gemischt und sollte wohl zum Bau oder zum Erneuern der Wände und des Estrichs verwendet werden. Die Grube enthielt noch eine Stange vom Rehgehörn (Gabler), eine Anzahl von Tierknochen und den Fuß eines Tongefäßes. Zwischen blaugrauen Scherben wurde ein Schlüssel (Abb. 26st) gefunden mit einem für die Frühzeit eigentümlichen Griff romanischen Stils. Dieser Schlüssel, der höchstwahrscheinlich zum Hause gehört hat, kann schon dem 12. Jahrhundert angehören. Die Form kommt aber auch noch später vor. Das Nkärkische Wuseum besitzt einen ähnlichen Schlüssel aus Sorau, der durch den Brand­schutt des Jahres fH24 genau datiert ist. Auch ein Schlüssel von der bekannten Berliner Gerichtslaube, die bis ins f3. Jahrhundert zurückreicht, hat dieselbe Form. Außerdem fand sich 3,f0 in von der Nordwestwand entfernt, außerhalb des Hauses, zwischen früh­mittelalterlichen Gefäßresten ein Hohlschlüssel (Abb. 270) romanischen Stils, der ebenfalls schon dem s2. Jahrhundert angehört. Der Schutt der Nordostwand barg noch den Bart eines dritten Schlüssels, der dem des zweiten ganz ähnlich war. Etwas tiefer als der Schlüssel lag in der Lehmschicht ein Löffelbohrer (Abb. 27>). In der Umgebung des