Wohl wenige Abschnitte in der Geschichte der Philosophie
sind einer so allgemeinen Mißachtung anheimgefallen, wie die Epoche der sogenannten Aufklärungsphilosophie. Es ist, als ob die beiden Riesen, welche zu Anfang und Ende dieser Periode stehen, Leibnitz und Kant, uns das Maß für die richtige Schätzung der Zwischenzeit aus den Händen winden, als ob der Blick, der auf solchen Hochgestalten geruht hat, sich an kleinere Dimensionen nicht gewöhnen könne, um auch diesen ihr Recht widerfahren zu lassen. Selbst die Erkenntnis, daß beide Denker, obwohl sie jene Uebergangsepoche begrenzen, ihr dennoch in vielen Beziehungen zugehören, ist neueren Ursprunges, und es ist einerseits Kuno Fischers, 1 ) anderseits Kayserlings 2 ) Verdienst, dies überzeugend nachgewiesen zu haben. Wird schon durch diese Thatsache das ebenerwähnte Verdammungsurteil ein wenig erschüttert, so dürfte es nach einer Richtung hin wohl völlig zurückgenommen werden können, wenn es nämlich nachzuweisen gelänge, dass die den damaligen Weltweisen eigene Auffassung von der Aufgabe der Philosophie, gegen welche eben jenes Urteil vornehmlich sich richtet, eine wenigstens teilweise richtige ist und wohl verdient, zur Ergänzung und Vervollkommnung unserer heutigen Anschauungen herangezogen zu werden.
x ) Geschichte der neueren Philosophie. Heidelberg und Mannheim 1865.
II, 779 ff.
2448. ) Moses Mendelssohn. Sein Leben und seine Werke. Leipzig 1862. S.