Teil eines Werkes 
Bd. 2, Teil 3 (1912) Die Kunstdenkmäler von Stadt und Dom Brandenburg / unter der Schriftl. des Theodor Goecke bearb. von Paul Eichholz. Mit Einl. von Willy Spatz und Friedrich Solger
Entstehung
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228 Dom Brandenburg.

Der Boden des Ambo mußte demnach, wenn die Rücklehne des nach Heinſius hier quer aufgeſtellten Chorgeſtühls kein Hindernis bieten ſollte, entſprechend über deſſen Sitzen erhöht gelegen haben..

Infolge der Erweiterung des Hochchores über die Vierung hinaus hing auch das Triumphkreuzumgeben von dem weiten Bogen eines eiſernen Kronleuchter­reifens(Gebauer, Feſtſchrift S. 59) unter dem weſtlichen Vierungsbogen. Man kann ſich leicht vorſtellen, wie ſehr die zugleich maleriſche und feierliche Wirkung der lauben­artigen Ambotribüne mit ihren Bögen, dem Altar in ihrem Schatten, den tiefliegenden Durchblicken zur Krypta und dem hoch über der Ambobrüſtung ſchwebenden Triumph kreuz dem öden Eindrucke der gegenwärtigen, gewaltigen Treppe überlegen war.

Vom Chorraume gab es zwei Verbindungen nach der nördlich benachbarten Sakriſtei(36acrarium): die eine unmittelbar durch eine Tür zwiſchen beiden, die andere von der Vierung über die Galerie(Super lineam) im Nordkreuzarme, die wohl hauptſächlich für die Sänger(cantores), die Schüler(Schola, infantes, pueri)h und die Fahnenträger(vexilliferi)h beſtimmt war...

Die Mitte der weſtlichen Kryptawand nahm, wie ſpäter noch auszuführen ſein wird, der Hauptaltar der hier beginnenden Laienkirche ein. Dadurch war eine große Treppe an der Weſtſeite des Chores ausgeſchloſſen und es folgt daraus notwendig, daß die im Breviar genannte einzige große Treppe(magnus gradus in crypta St. Augustini) die noch beſtehende im nördlichen Kreuzarme iſt. Ihre Breite genügte ſelbſt für die Prozeſſionen, da bei dieſen die Kanoniker immer nur zu zweien neben­einander gingen(bini et binih. Sie bildete im Mittelalter den Hauptzugang des Chores(introitus chori) von der Kirche her.

Schon im 14. Jahrh. wurde indeſſen der Ausſchluß der Laien vom Sank⸗ tuarium nicht mehr mit der Strenge aufrechterhalten wie im 12. und 13. Jahrhundert. Das zeigt u. a. der Ablaß, der im Jahre 1357 allen Bußfertigen gewährt wurde, die dem im Chore neuerrichteten Kruzifix ihre Verehrung zollen würden. Unter ſolchen Umſtänden wurde es ſchließlich als ein Mangel empfunden, daß der Hochchor keinen unmittelbaren Zugang vom Langhauſe her beſaß. Dem war nur durch eine nachträg­liche geringe Verlängerung des Chores nach Weſten, etwa bis zur Mitte des öſt­lichen Langhausjoches, abzuhelfen, die geſtattete, von den Oſtenden der Nebenſchiffe ſeitlich zwei kleine Treppen hinaufzuführen. Die nördliche dieſer beiden Treppen, deren Reſte noch erkennbar ſind, iſt offenbar die im Breviar von 1488 mitparvus gradus in sinistro chori bezeichnete..

Die Anlage einer breiten Weſttreppe zum Chore wurde erſt möglich, nachdem der beſondere Laienaltar durch die Reformation ſeine Bedeutung verloren und auch die Krypta ihren einſtigen Wert ſoweit eingebüßt hatte, daß ihre weſtlichen Licht­öffnungen verbaut werden durften. Zur tatſächlichen Ausführung kam es erſt am Ende des großen Religionskrieges(1548). Seit dieſer Zeit beſteht die ungeheure Treppe zum Chore, die jetzt bei 22 Stufen Höhe die ganze Breite des Mittelſchiffs ein­nimmt, auf der aber früher(ſeit 1706) rechts und links ein Schülerchor in amphi­