Teil eines Werkes 
Bd. 2, Teil 3 (1912) Die Kunstdenkmäler von Stadt und Dom Brandenburg / unter der Schriftl. des Theodor Goecke bearb. von Paul Eichholz. Mit Einl. von Willy Spatz und Friedrich Solger
Entstehung
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Domkirche(Baugeſchichte). 247

Schaft erhielt. Den einen freigewordenen der dünneren Schäfte erhielt die neu an­geordnete Säule XV..

Für die neuen noch heute beſtehenden Gewölbe wählte man ein zwar ſchön gegliedertes Profil(Abb. 167), das aber nicht eigentlich für die Krypta, ſondern, wie wir ſehen werden, für eine anderweitige Verwendung angefertigt war. Auch in der Wölbe­technik hatte man inzwiſchen durch gleichzeitige Übung mit eben dieſem Profil an den Gewölben des Hochchores über der Krypta eine gewiſſe Gewandtheit im Sinne der Gotik erworben. Mit deren rückſichtsloſer Anwendung ſchob man nun unbekümmert um die dadurch über den Wandpfeilern entſtehenden harten Widerſprüche in etwas roher Weiſe die erheblich dünneren Rippenanfänger dicht an die Wände und vermied die ſchweren Gurte, die ſo viel Ärgernis verurſacht hatten, ganz und gar. Es dehnte ſich oben der lichte Raum und der ſchwierige Fall an der Apſis löſte ſich ſpielend.

Die Schlußſteine dieſer zweiten Gewölbe ſind rund und von Backſtein maſſe. Die mannigfachen Motive ihrer Darſtellungen(Abb. 167) beſtehen in: Agnus dei, 2 Löwen Rücken an Rücken mit gemeinſamem Kopfe, ein Schriftkranz aus gotiſchen Majuskeln(Abb. 167), Trauben mit romaniſchem Blattwerk, Trauben mit Eicheln und Eichenblättern, Roſe(zweimal) und Stern(zweimal). Sie entſprechen dem Ge­danken nach wie durch ihre naive Formgebung vollkommen der Übergangszeit.

Die fein gegliederten Rippen der neuen Gewölbe ſtimmten nun freilich ſchlecht zu den maſſigen vollen Rundſtabrippen des beibehaltenen Apſisgewölbes. Das empfand offenbar ſchon der damalige Kunſtgeſchmack, denn kurz entſchloſſen brachte man es durch einen Mörtelauftrag, der ein einfaches Faſenprofil bildete, mit jenem in Einklang. Gleichzeitig wurden auch die nun freiliegenden und ſtörend wirkenden früheren Schildbogenfugen ſowie die alte Fugenübermalung an den Zwickelfeldern der Weſtwand durch einen dünnen Putzüberzug verdeckt. Er reichte bis zum Gewölbe kämpfer herab und ließ am Rande der Sffnungsbögen einen etwa 10cm breiten Streifen frei. Bei der Weihung der Krypta grub man in ihn die von Kreisformen umſchloſſenen Weihkreuze ein, von denen noch zwei erhalten ſind.

Dieſe tunlichſt unbefangen aus den Erſcheinungen am Bauwerk abgeleſenen Vorgänge geben ein ausgezeichnetes Beiſpiel dafür, wie im Mittelalter die Not den Werkmeiſter zu Verbeſſerungen und Fortſchritten führte. Seine anfängliche irrende Unbeholfenheit braucht nicht wunderzunehmen. Im Gegenteil erſcheint es für jene ohne genaue Entwurfẽszeichnung arbeitende Zeit und die wenig erfahrenen ungeübten Bauleute nur natürlich, daß ſie ſich unter Verſehen und Verſuchen mühſam zu befriedigenden Schöpfungen hinaufrangen. Unter dieſen Vorausſetzungen aber wird man es auch begreiflich finden, wenn der Schöpfer der für jene Zeit vorgeſchrittenen Gewolbekonſtruktionen im ſtolzen Bewußtſein des Erreichten fein aus Backſtein geformtes Bild(Abb. 167 links) anbrachte und zwar gerade an der Stelle, an welcher ſich die Löſung ſeiner ſchwierigen Aufgabe vollzog: nächſt der Mittelrippe zwiſchen den beiden öſt­lichen Jochen.

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