Teil eines Werkes 
Bd. 2, Teil 3 (1912) Die Kunstdenkmäler von Stadt und Dom Brandenburg / unter der Schriftl. des Theodor Goecke bearb. von Paul Eichholz. Mit Einl. von Willy Spatz und Friedrich Solger
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348 Dom Brandenburg.

hieß daher auch die Fleiſchküche und lag ohne Zweifel der Regularküche weſtlich benachbart..

Das Obergeſchoß dieſes Flügels enthielt nordwärts die großartige Bibliothek, in der auch die Abſchreiber, die Kopiſten der Bücher, ſaßen. Es waren zwei langgeſtreckte Räume, von denen der größere, öſtliche, bis über den jetzigen Erd­geſchoßdurchgang hinausreichte. Beide Räume waren, nach alten Plänen von 1792 im Domarchiv zu ſchließen, noch im 18. Jahrh. an den drei Innenwänden mit Holzgalerien umgeben, um die Bücher auch an den oberen Wandteilen aufſtellen zu können. Für die reiche Ausſtattung mit einem ausgedehnten Gemäldezyklus, von dem wir durch eine ausführliche Beſchreibung Hartmann Schedels!) wiſſen, daß er die Bibliothek ſchmückte, bot naturgemäß der Bücherraum ſelbſt nicht genügende Wandfläche. Die Gemälde befanden ſich demnach höchſtwahrſcheinlich auf den ſchmalen Endſeiten und der langen nur von wenigen Türen durchbrochenen Wand des breiten Ganges über dem Kreuzgange, an deſſen Fenſterleibungen neuerdings Sp uren ornamentaler Malerei gefunden wurden..

Wie es in mittelalterlichen Bibliothekräumen öfters vorkommt, ſtellten die Malereien im weſentlichen die Summe des damaligen Schulwiſſens als allegoriſche Figuren derſieben freien Künſte dar, welche in dem Trivium(Grammatik, Rhetorik, Dialektik) und dem Quadrivium Arithmetik, Geometrie, Muſik, Aſtronomie) beſtanden ·

Nachdem der Bücherſchatz bei dem Brande von 1593 und im Dreißigjährigen Kriege erhebliche Einbußen erlitten hatte, wurde die Bibliothek anſcheinend in den oberen Gang(den ſpäteren ſog. Paradeſaal) verlegt. Dieſe Lage hat ſie noch um 1705 im Plane der Ritterakademie von Heinß(Abb 183). Schließlich aber wurde ſie in den Eckraum gedrängt, den man früherdie große Stube nannte(ſiehe S. 350).

Der zweigeſchoſſige Kreuzgang des Nordflügels iſt mit den daran liegenden Räumen unter einem Dache vereinigt. In den Architekturformen ähnelt er ſehr den beiden letzten Jochen des Oſtflügels. Ein weſentlicher Unterſchied beſteht freilich in den Strebepfeilern, welche dort ganz fehlen, hier aber durch beide Geſchoſſe reichen. Die Ausbildung der Fenſtergewände des Erdgeſchoſſes nebſt der Profilierung der inneren Vorlagen zeigt Abb. 244. Die Kapitelle ſind auch hier z. T. noch mit feinem naturaliſtiſchen Blattwerk geſchmückt. Von den Schlußſteinen zeigt einer eine hübſche Meluſine, drei andere mit Löwen als Schmuck haben fremde Profil,

) Folgende Veröffentlichungen der Gemäldebeſchreibung Schedels liegen vor:

Jul. v. Schloſſer in den Jahresber. der kunſthiſtor. Sammlungen des Allerhöchſten Kaiſerhauſes XVII, Wien 1896, S. 96 100(vgl. dazu auch Jul. v. Schloſſer,Beiträge zur Kunſtgeſchichte in den Sitzungsber. der Kaiſ. Akad. der Wiſſenſchaften in Wien, CXXIII, 1891, S. 1477.

Alw. Schultz in den Jahrbüchern der Königl. preuß. Kunſtſammlungen J.(1880), S. 35 ff.; außer: dem im VII.=XII. Jahresber. des Hiſt. Ver. zu Brandenburg, 1881, S. 79.

v. Minutoli(a. a. O, S. 21) ſah ineinem über dem Kreuzgange gelegenen gewölbten Gemache, das zu den Räumen der Ritterakademie gehörte, alſo vermutlich im oberen Kreuzgange des Nordflügels, an der langen Wandſeite, die Darſtellung eines Turniers und an einer anderen Wand das faſt in drei: fach menſchlicher Größe dargeſtellte Bild des niedergeſtreckten Goliath, auf den der winzig kleine David noch Steine ſchlendert.