Teil eines Werkes 
Bd. 2 (1910) Die Geschichte / von Gustav Albrecht ...
Entstehung
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suchte ihr Recht mit den Waffen in der Hand durchzusetzen, und da Kaiser Ludwig der Bayer durch seine Streitigkeiten mit dem Gegenkönig Friedrich dem Schönen vollständig in Anspruch genommen war und sich um die Mark Brandenburg nicht kümmern konnte, so herrschte hier bald allerorten Kampf und Fehde. Die Folge dieser Erbstreitigkeiten und der beständigen Parteikämpfe war eine vollständige Zer­rüttung des Landes und eine SchwäckMng der markgräflichen Gewalt. Für die Lan­desentwicklung waren diese Zustände eine schwere Schädigung.

Zur Zeit der Askanier hatte der Markgraf von Brandenburg eine Sonder- stellung unter den Reichsfürsten eingenommen, da die eigenartige militärische Ver­fassung des ostelbischen Kolonialgebiets ihm große Vorrechte und Macktbefugnisse einräumte. Während der erwähnten Parteikämpfe trat hierin eine Wandlung ein, da die Fürsten, welche Erbansprüche erhoben, sich durcb Verleihung, Verkauf oder Verpfändung von landesherrlichen Rechten an adlige Besitzer, Städte und Klöster die Gunst der Stände erringen wollten. Diese Veräußerung von Hoheitsrechten mußte notwendigerweise zu einer Schwächung der markgräflichen Gewalt und zu einer Lockerung der bisher strafforganisierten militärisckM Verwaltung führen, und da die Inhaber der neuerworbenen Rechte ihren Ansprüchen nur mit Gewalt Geltung verschaffen konnten, so herrschte bald Zuchtlosigkeit und Unsicherheit in den Marken. Niemand kümmerte sich mehr um gesetzliche Bestimmungen; Grundbesitzer, Klöster und Städte wollten als eigene Herren säxüten und walten, Gewalttätigkeit und Unsieberbeit nahm überall im Lande zu. Das Verbältnis der Stände zum Lan- desberrn wird nun ein ganz anderes als unter den Askaniern: während sie diesen unbedingt ergebe» waren, nabmen sie der neuen Dynastie gegenüber eine drohende Haltung an.

Unter diesen Umständen mußte das unter der Herrschaft der Askanier so kräftig entwickelte märkisckx: Land einem langsamen Verfall entgegengehen.

Eine Wendung zum Besseren schien eintreten zu wollen, als Kaiser Lud­wig nach Überwindung seines Gegners in der Schlacht bei Mübldorf (>, 322 ) sich mebr um die innere» Verbältnisse des Deutselx'» Reickx's kümmerte und auch die Erb­folge in der Mark Brandenburg regelte, indem er seinen ältesten Sohn L udwi g, einen neunjäbrigen Knaben, als Markgrafen einsetzte ( 1325 ) und den Grafen Ber- thoId von Henneberg zum Vormunde und zum Verwalter der Mark be­stimmte?) Die Erbansprüche der genannten Fürsten wurden vom Kaiser abge- wiesen nur Agnes, die Witwe Waldemars, erhielt als Leibgedinge die Alt­mark auf Lebenszeit zugesprockM und ihnen anbefohlcn, die in Besitz genommenen Gebietsteile berauszugeben. Durch friedliche Verbandlungen und mannigfache Zu­geständnisse gelang es dem Grafen von Henneberg zivar, einen Teil des früheren Be­sitzes wieder unter die Botmäßigkeit des jungen Markgrafen zu bringen, aber ver­schiedene der Fürsten widcrsctzten sieb den Anordnungen des Kaisers, da sie wußten, daß dieser nickt die Macht besaß, seinen Befeblen mit Waffengewalt Back^druck zu

') Fr. tv. Taube, Ludwig der Altere als Markgraf von Brandenburg in: Historische Studien XVIII (!>>oo) und!v. Füstlein, Die Vormünder des Markgrafen Ludwig des Älteren in: Forschungen zur Brandcnblirgisch-Prcußischen Geschichte, Bd. 21 (>Y 08 ).