Teil eines Werkes 
Bd. 2 (1910) Die Geschichte / von Gustav Albrecht ...
Entstehung
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Lehnsverträgen gemäß an Kurbrandenburg fallen müssen, aber es befand sich da­mals völlig in den Händen der Schweden, die natürlich keine Neigung verspürten, das Land ihrem politischen Gegner Georg Wilhelm zu überlassen. Auch der Kaiser konnte dem Kurfürsten nur mit leeren Versprechungen dienen, und Sommern wäre für Kurbrandenburg endgültig verloren gewesen, wenn nicht bald darauf ein Herrscher an die Spitze des brandenburgischen Staates getreten wäre, der es verstand, durch politische Klugheit und durch zielbewußtes, energisches handeln ferneres Unheil von der Mark abzuhalten und dem Kurfürstentum nicht nur den bisherigen Besitz zu sichern, sondern auch neue Gebiete zu erwerben und den gesamten Besitz zu einem einheitlichen Ganzen zu vereinigen Friedrich Wilhelm, der Große K u r f ü r st.

Selten hat wohl ein Herrscher unter ungünstigeren Verhältnissen die Zügel der Regierung ergriffen als Kurfürst Friedrich Wilhelm') im Dezember 164 - 0 . Noch tobte der furchtbare Religionskrieg in Deutschland und auch in der Mark, noch war kein Ende der Streitigkeiten, der Plünderungen und der Greuel abzusehen, noch waren die Nkark und die anderen Besitzungen Brandenburgs vom Feinde besetzt und so verwüstet und entkräftet, daß von einer regelrechten oder gar erfolgreichen Verwaltung des kurfürstlichen Staates keine Rede sein konnte. Trotz dieser mißlichen Umstände hat der erst zwanzigjährige Fürst sich sofort mit Besonnenheit und Energie ans Werk gemacht, um Kurbrandenburg vor dem gänzlichen Zusammenbruch zu retten. FriedrichWilhelm erkannte sehr wohl, daß er zunächst den branden­burgischen Staat neu bilden und festigen und das frühere Ansehen des Kurfürsten­tums nach außen hin wiederherstellen mußte, ehe er es wagen konnte, die inneren Verhältnisse Brandenburgs zu regeln und Land und Bevölkerung von den Schädi­gungen zu heilen, die der langjährige Krieg ihnen zugefügt hatte. Erst wenn die zu Kurbrandenburg gehörigen, verschiedenartigen Länder zu einem geordneten und durchgebildeten Staatskörper vereinigt waren, erst dann konnte, das sah Friedrich Wilhelm ein, in seinen Untertanen das Gefühl der Pflicht dem Staate gegenüber- geweckt und sie zur Mitarbeit an der Wiederaufrichtung des Landes und an der Besserung der wirtschaftlichen Verhältnisse herangezogen werden, erst dann konnte wieder eine sittliche Gesundung der Bevölkerung erhofft und äußerer Wohlstand gewonnen werden?)

Zunächst galt es, die feindlichen Heerscharen möglichst bald aus den Branden­burger Landen zu entfernen, um freie Hand zur Durchführung der geplanten Refor­men zu erhalten. Zu diesem Zwecke schloß Kurfürst FriedrichWilhelm s641 mit Schweden, das, von Dänemark bedrängt, sich bereitwillig zeigte, einen mehr­jährigen Waffenstillstand und erreichte dadurch, daß die schwedischen Truppen die Mark räumten und hier wieder ruhigere Zustände einkehrten. Dann beteiligte er sich an den Verbandlungen des Friedenskongresses in Münster und willigte, um den langersehnten Frieden herbeizuführen und etwas von der pommerschen Erbschaft

M. Philipps»», Der Große Kurfürst, z Bde. (lyoz).

2 ) L. Berner, Geschichte des preußischen Staates (<890 I, IZrff.