Teil eines Werkes 
Bd. 2 (1910) Die Geschichte / von Gustav Albrecht ...
Entstehung
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in den von deutscher Kolonisation zunächst unberührten Gebieten erfolgte noch manche heidnische Reaktion: daß sich in der nordwestlichen Mark z. B. noch heute nicht wenig Wehrtürme an den Kirchen finden in hohennauen, das den Übergang ins Ländchen Rhinow deckte, in Demerthin bei Kyritz, in Zernitz, Schweinrich bei Witt­stock und vornehmlich zu Kuhsdorf nahe Wittstock beweist ja, daß die ersten christlichen Gotteshäuser nicht lediglich sakralen Zwecken dienten, sondern daß sie, ein kleines Abbild der berühmtenKirchenkastelle" bei den siebenbürgischen Sachsen, auch ernste militärische Aufgaben erfüllten?)

Die kirchliche (Organisation der Mark, wie sie sich nun entwickelte, besaß ihr Rückgrat an den drei Landesbistümern denn zu Anfang des (3. Jahrhunderts trat zu Havelberg und Brandenburg noch Lebus an der Oder hinzu. Wie aber diese märkischen Bistümer mehrfach die Grenzen des Landes überschritten, so griffen andererseits auch außermärkische Sprengel in den Bereich des roten Adlers hinüber. Zur Diözese Brandenburg gehörte der größte Teil des Landes, indem sie, im Kern das mittlere havelgebiet, doch auch die Uckermark und den Barnim bis zur Finow begriff; von dort strich die Grenze nach Süden etwa auf Rüdersdorf und umfaßte dann den Teltow, die Zauche und die damals sächsischen Landschaften am Fläming. Erheblich kleineres Gebiet war dem Havelberger Bischof zu­gefallen: von mecklenburgischen Strichen abgesehen im wesentlichen nur die prignitz und Ruppin. Vollends mußte sich Le bus sehr eng bescheiden mit einem östlich an die Brandenburger Diözese stoßenden und im Osten und Norden durch die Bistümer Posen und Kammin, im Süden durch Breslau stark verkürzten Sprengel. Zu Posen nämlich gehörte vor allem das Land östlich der Drage, dem Kamminer Bischof unterstand fast das ganze östlich der Oder und nördlich der Drage und Netze belegene neumärkische Gebiet, und Breslau hielt den größten Teil der Niederlausitz unter seiner Obödienz. Desgleichen teilten sich im Westen der Mark zwei landesfremde Bischöfe in die kirchliche Verwaltung der Altmark. Was südlich der Biese bis zu ihrem Einfluß in den Aland und dann wieder östlich von dessen Unterlauf bis zur Mündung in die Elbe lag, zählte zur Diözese halberftadt, der Rest zu Verden. End­lich gebot in Teilen der heute märkischen Lausitz als geistlicher Vberhirt der Meißener Bischof.

Von einer missionierenden Tätigkeit dieser Bischöfe unter den heidnischen Wenden hören wir indes sehr wenig: man ordnete seinen neugewonnenen Besitz und baute ihn aus. Gänzlich auszuschaltcn bei dem Werke der Christianisierung der Mark sind die Kollegiatstifter, die in Stendal, Soldin, Tangermünde und Altboyster bei Leehausen bestanden und ihren Domherren die Pfründe als reine Sinekure boten; die beiden letztgenannten verdankten ihre Entstehung auch erst späterer Zeit.

Das höchste Lob für die Ausbreitung christlicher Art und für die Durchdrin­gung der Mark mit dem katholisch-christlichen Geist der Zeit gebührt dagegen den

*) R. Melke: Die kirchlichen tvehrtürme im nordwestlichen Brandenburg (im »Burg­wart" Igor).