Teil eines Werkes 
Bd. 2 (1910) Die Geschichte / von Gustav Albrecht ...
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schnelle Bevölkerungszunahme mit ihren unvermeidlichen Überschüssen unbeschäftigter weiblicher Kräfte diese Entwicklung fördern mußte. Anfangs fehlten die selbstän­digen Nonnenkonvente, und den bestehenden Männerklöstern gliederten sich nur Frauenabteilungen an. Doch bald führten unausbleibliche Unzuträglichkeiten zu einer Trennung, wobei aber meist, wenn nicht immer, der Prior des nächsten Mönchs- klosters eine Oberaufsicht über den Nonnenkonvent behielt. Ihrer örtlichen Lage nach fand man die Alöster fast nur in der Stadt, bisweilen in unmittelbarer Nähe der Pfarrkirche, häufiger an der Stadtmauer und außerhalb derselben. Durch­weg nahmen sie die Ordensregeln bestehender Mönchsgemeinschaften an. Allein merkwürdigerweise vermochten gerade die weiblichen Abzweigungen der sonst so ver­breiteten Bettelmönche in der Mark gar keinen Boden zu gewinnen, und das 1507 gegründete Franziskanerinnenkloster zu Stendal scheint als einziges diesen großen Typ vertreten zu haben. Die älteren Orden beherrschten ganz die Lage. Benediktinerinnen gab es z. B. in Spandau, Gransee, prenzlau, Neuendorf bei Oderberg, Boitzenburg, Zisterzienserinnen in Friedland, Bernstein, Zehdenick, Zehden, Guben, Reetz, Jüterbog sowie zu Heiligengrabe und Marienfließ in der Prignitz und Seehausen bei Prenzlau; prämonstratenserinnen hatte Lindow bei Ruppin. Eine Mittelstellung zwischen Kloster- und Weltleben nahmen die BeginenBettelschwestern" ein, denen Austritt und Verheiratung jederzeit freistand, die aber sonst die alten Mönchsgelübde hielten; in der Mark besaßen u. a. Ruppin und Pritzwalk Beginenhäuser.

Man hat für die Mark, mit Ausschluß der lausitzischen Gebietsteile, die Zahl der Mönchsklöster auf 35 und die der Nonnenklöster auf 23 , für jede der beiden Gruppen aber etwa 1000 Alosterinsassen berechnet. Und diese gewaltige Schar be­deutete doch nur eine außerordentliche geistliche Hilfsmannschaft, während die eigent­liche kirchliche Truppe die Weltgeistlichkeit ausmachte, die mit etlichen tausend Vertretern ebenfalls nicht zu hoch angeschlagen wird.

Den Kern dieser regulären Geistlichkeit bildeten die Pfarrer.

Die Durchführung des Grundsatzes, daß kein Crist der kirchlichen Fürsorge entbehren dürfe, ist vom religiösen Standpunkte aus eine der Großtaten des Mittelalters; und sie geht vor allem auf Rechnung des 11 -, 12 . und 13 . Jahrhun­derts. Wie es schon Aarl der Große erstrebt hatte/) bedeckte sich das ganze Reich mit einem dichten Netze von Pfarreien, und entgegen der sinkenden Bedeutung der Bischöfe hob sich der Pfarrerstand derart, daß er das wichtigste Werkzeug der Airche wurde.

Auch in Neudeutschland ging man bald an die Verwirklichung jenes großen Zieles. Denn da der deutsche Bauer der Seelsorge, die er in der Heimat gehabt, im Elend nicht entraten wollte, so mußte ihm der deutsche Pfarrer folgen. Aber auch die Wenden suchte man auf, eingedenk der Tatsache, daß der große Zusammenbruch des frisch gepflanzten Cristentums am Ende des 10. Jahrhunderts hauptsächlich durch den Mangel geregelter Pfarrseelsorge verursacht war. Wohl geschah es auch jetzt einmal, daß selbstsüchtige Grundherren Pfarrer und Airche von ihren Wenden-

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