die Kalande, deren Entstehung an die auch anderswo vorkommende Feier der Monatsersten — der Aalenden — anknüpfte; als besondere geistliche Vereine jedoch für die ausdrückliche Begehung dieser Tage und mit der Pflicht gegenseitiger Fürbitte und Unterstützung der Mitglieder finden sich die Kalande nur in den sächsischen Stammes- und Koloniallanden sowie den sächsischen Kirchenfürsten untergebenen Gebieten. Vollends die Mark besaß ein Viertel sämtlicher nachgewiesenen Kalande, und hiervon wieder die Hälfte entfiel auf die Brandenburger Diözese; berechnet doch v. Ledebur1) bei einer Gesamtzahl von (84 Kalanden 45 auf die Mark und 23 auf den genannten Sprengel. Sogar Städtchen wie Niemegk, Kremmen, Beelitz, Dahme und Pritzerbe hatten ihren Kaland, und in dem kleinen Kyritz gehörten am Anfang des 16. Jahrhunderts über hundert Bürger zu ihm. Allmählich freilich wichen Ernst und wahre Frömmigkeit aus der Brüderschaft, ihre Feiern wurden Gelage, und Luther schalt gewiß nicht ohne Grund auf „unsren losen Kaland". In Kalands- hösen, Kalandsgassen oder Kalandshufen lebt aber auch heute noch hie und da bei uns das Gedächtnis an diese weitverzweigte Gemeinschaft fort.
In wenigen Gegenden unseres Vaterlandes so verbreitet wie in gewissen Teilen der Mark waren auch die „Elendsgilden", die , übr igens oft mit den Kalanden verwechselt, Übung christlicher Barmherzigkeit auf ihre Fahnen geschrieben hatten.
Da für Gebrechliche und Kranke in den Spitälern sattsam gesorgt war, so griffen die Elendsbrüder insofern ergänzend ein, als sie den in der Fremde — im „Elend" — gestorbenen Klerikern und pilgern ein ehrlich Begräbnis verschafften, auch Altäre stifteten, woran eine Messe für diese Verlassenen gelesen, zugleich aber für das Seelenheil der lebenden und toten Gildemitglieder gebetet wurde. Im westlichen Grenzbezirk der Mark, nahe dem Erzstift Magdeburg, häuften, sich die Gilden vor allem, fehlten indes gleich den Aalanden weiten Teilen Deutschlands überhaupt?)
Des weiteren bezeugen Brüderschaften vom „Heiligen Blut" und Corporis Ch ri sti-Brüderschaften die eigenartig gesteigerte Verehrung, womit die Romkirche überall das heilige Altarsakrament umgab. Obgleich an Zahl erheblich durch Kalande und Elendsgilden übertrofsen, waren diese Vereinigungen doch ziemlich häufig auf märkischem Boden.
Wie indes schon das Beispiel des heiligen Wolfgang zeigte, widmete man sich auch dem besonderen Dienste einzelner Heiligen. In Stendal gab es eine Niko- lausgilde, die wahrscheinlich ein Kaufmannsverein in dem handeltreibenden altmärkischen Vororte war; der Annenknltus schuf zahlreiche St. Annenbrü- derschaften — aus Jüterbog, Dahme und Brandenburg-Neustadt seien sie im
') v. Ledebur: Die Kalandsverbrüderungen in den Landen sächsischen Volksstamms mit besonderer Rücksicht auf die Mark Brandenburg (Märkische Forschungen IV, S. 7—7S).
2) vgl. v. Möller: Die Elendenbrüderschaften (Leipzig tyos).
Abb. 9. Siegel des Kaland.