Teil eines Werkes 
Bd. 2 (1910) Die Geschichte / von Gustav Albrecht ...
Entstehung
Seite
144
Einzelbild herunterladen

man 1336 zuerst aus der Uckermark, Neumark und den angrenzenden pommerschen Strichen. Zunächst kam man in Angermünde einer Sekte auf die Spur, die, alsLuzi- ferianer" gebrandmarkt, in Wahrheit harmlose Jünger des Petrus Waldus waren: sH Personen beiderlei Geschlechts überwies damals das geistliche Gericht der welt­lichen Behörde zur Verbrennung. Dennoch stand die Häresie gegen Ende des Jahr­hunderts wieder in Blüte, und abermals erscheint Angermünde als einer ihrer Haupt­herde; wenn der Ort bis ins 17. Jahrhundert zum Unterschied von Tangermünde im Volksmund Ketzer-Angermünde hieß, so stammt der Name wohl aus jener Zeit. Die Sekte lehnte sich gegen die übertriebene Verehrung der Heiligen und den Marienkult, gegen Ablaß und Wallfahrten, Fegefeuer und Seelenmessen auf, weigerte den Eid als Todsünde und verwarf gleich zahlreichen anderen mittelalter­lichen Sekten das Blutvergießen und demgemäß den Fleischgenuß. Kennzeichnend war vor allem ihr sittenstrenger Wandel, dessen scharfe Betonung sie überhaupt vornehmlich in Gegensatz zu der verweltlichten Kirche und ihrem lebensfrohen Priester­stand geführt hatte. Trotz neuer Inquisition erfolgte dann auch im (5. Jahrhundert mehrmaliges Wiederaufleben der Sekte, die aber mittlerweile, wie ihre Forderung des Kelches und der Wesse in der Volkssprache bewies, unter böhmisch-taboritischen Gin­fluß geraten war. Dieser Umstand besonders veranlaßte die strengsten Maßnahmen: s 458(459 und um 14.30 arbeitete wieder das geistliche und weltliche Gericht an der Ausrottung der Ketzer, und wieder sah das märkische Land Scheiterhaufen sich ent­zünden. Aber die Häresie ward nun wirklich ausgerottet; der größte Teil der Sek­tierer kehrte in den Schoß der herrschenden Kirche Roms zurück, die anderen wandten der Mack den Rücken, zogen zu den böhmischen Brüdern und haben das deutsche Element in der Gegend von Fulnek in Mähren und Landskron in Böhmen verstärkt. Bis in die Reformation hinein haben sich Waldenser auf brandenbur- gischem Boden nicht gehalten?)

Gs war der letzte Triumph der päpstlichen Kirche in der Mark; eben noch der Sektierer Herr geworden, erlag sie nun den reformatorischen Ideen, die Luthers Ruf auch dort mit Macht erweckte.

So leicht die Reformation^) damals in den meisten Nachbarlanden zum Siege gelangen konnte, so hartnäckig bestritten wurde ihr der Erfolg im Branden- burgischen. Die weltliche und geistliche Gewalt stemmten sich vereint ihrem Gindringen entgegen: die Landesbischöfe waren eifrige Anhänger Roms und sahen natürlich auch in den protestantischen Forderungen eine Gefahr für ihre Macht und Stellung; Kurfürst Joachim I. aber wurde allein schon durch den Umstand, daß sein Bruder Albrecht als Erzbischof von Mainz und Magdeburg des Reiches oberster Kirchenfürst war, im päpstlichen Lager festgehalten. Als später seine Gemahlin Elisabeth den Wittenberger Lehren ihr Ohr öffnete und, durch den Gemahl in ihrein

9 Siehe hierzu besonders Brunner: Ketzer und Inquisition in der Mark Brandenburg im ausgehenden Mittelalter (Jahrbuch für brandenb. Kirchengeschichte I, z55).

ch Zur Geschichte der Reformation s. besonders Heidemann: Oie Reformation in der Mark Brandenburg (Berlin 1885), und Steinmüller: Die Einführung der Reformation in die Kurmark Brandenburg (Hall 1A05).