Teil eines Werkes 
Bd. 2 (1910) Die Geschichte / von Gustav Albrecht ...
Entstehung
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Gewissen bedrängt und unwürdig behandelt, im Frühjahr >,528 endlich nach Lachsen entfloh, fand vollends Joachims Widerstreben gegen das Luthertum eine weitere kräftige Stütze in dem Gefühl, daß die Ketzerei des Augustinermönchs nun auch das Glück der fürstlichen Familie vergiftet hätte.

Indes vermochte alle Feindseligkeit der Mächtigen und all ihr Eifer doch nicht das Umsichgreifen Wittenbergischer Anschauungen zu hindern. Den Brandenburger Bischof ungefragt wurde die Reform schon hart an der Grenze der märkischen Kern­lande, in dem damals sächsischen Landstrich um Belzig, durchgeführt, und besonders die Studenten, die sich durch den Ruf der Gelehrsamkeit Melanchthons und der Kühn­heit Luthers nach der Universität Wittenberg gezogen sahen, wurden auch im chohen- zollernstaate die offenen und geheimen Propheten der neuen Lehre. Schon zu Anfang der 20er Jahre tut sich das Streben nach Befreiung der Geister in bemerkens­werter Weise kund: in der Lausitz tritt ein evangelischer Prediger auf, die ersten Städte der Mark, Berlin und Brandenburg, bitten den Kurfürsten oder den Bischof um Zu­lassung einesPrädikanten", auf einem Schulenburgischen Dorfe in der Altmark haust und schützt der mutige Schloßherr einen lutherisch gesinnten Geistlichen. Bald beginnen auch Städte und Adel kirchliche Leistungen einzustellen, und die Landtage müssen sich immer wieder mit der Klage der Geistlichen über Ausbleiben der Zehnten und pächte beschäftigen, ohne durch ihre Beschlüsse ernstlich Abhilfe schaffen zu können. Be­sonders die Klöster fingen an zu leiden, weil die lutherischen Lehren den Glauben an die Verdienstlichkeit der Möncherei am gründlichsten erschütterten; die Bettelorden, denen die ihre Existenz bedingende Mildtätigkeit der Bevölkerung nicht mehr wie ehedem zugute kam, traf dieser Schlag naturgemäß am härtesten: schon >52st mußte der Salzwedeler Rat das dortige Franziskanerkloster unter eigene Verwaltung nehmen und den Brüdern ihren Unterhalt aus städtischen Datteln reichen. Daher verließen viele Mönche aus Not die Klöster, andere schlossen sich der Wittenberger Bewegung an, und weil überdies der junge Nachwuchs fehlte, erfolgte allmählich ein Aus­sterben der Konvente. Sogar in den Domkapiteln zählte das Luthertum schon seine Anhänger; der Brandenburger Kanonikus Werner von Stechow legte >526 um seiner Überzeugung willen seine Stellung nieder und wurde bald danach auf Luthers Befürworten Pfarrer im sächsischen Dorfe Buchholz bei Belzig.

Doch gerade im Bistum Brandenburg hielt ein kirchlichen Reformen zugäng­licherer Geist an wichtiger Stelle Einzug, als >528 Matthiasvon Iagow die Regierung der Diözese antrat. Wie weit persönliche Überzeugung, wie weit die materiellere Erwägung, daß durch rechtzeitige Nachgiebigkeit sich wie in Skandi­navien auch in der Mark die Beseitigung des Episkopats verhindern lassen würde, wie weit endlich auch gewisse persönliche Reibungen mit der römischen Kurie diesen Mann, der Kurfürst Joachims dringendem Vorschlag seine Wahl durch das Bran­denburger Kapitel verdankte, der Kirchenverbesserung geneigt gemacht haben, mag dahingestellt bleiben; die Urteile darüber gehen weit auseinander. Genug, daß er sich von Anfang an mild zeigte und später ganz ins evangelische Lager übertrat, passiv und vorsichtig veranlagt, wie er im übrigen war, ließ er sich jedoch vor allem schieben und ist ein wirklicher Führer und Träger der märkischen Reformation nie-

Brande,iburgische Landeskunde. Bd. II. ^0