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Berliner Universität wissenschaftlich-theologische Forschung in Blüte steht; nur der Stellung Berlins verdankt es unsere Provinz, daß sie der Ätz von fünf Missions- gesellschaften und einer berühmten Bibelgesellschaft ist, und daß zahlreiche Werke evangelisch-sozialer Fürsorge hier ihre Geburtsstätte finden.
Indes auch die Alleinherrschaft des alten Luthertums, wie sie das s6. Jahrhundert für die Mark aufgerichtet hatte, war währenddessen längst gebrochen. Denn schon im Jahre s6s5 hatte Kurfürst Johann Ägismund sich der reformierten
Glaubensgemeinschaft zugewandt, und zwar die lutherische Landeskirche nicht angetastet, aber die Gleichberechtigung der Kalvinisten durchgesetzt. Die „eoukssslo LtZisruunül", die von dem Kurfürsten veröffentlichte Bekenntnisschrift, nahm einen zwischen den beiden Richtungen vermittelnden Standpunkt ein; jedoch der lutherische Eifer seiner Untertanen wies jegliches Zugeständnis zurück, wollte ausschließliche Herrschaft Wittenbergs und betrachtete den Kurfürsten gleich allen „Kalvinern" als Sektierer. Hier gab es hartnäckige Kämpfe vor allem gegen den Mißbrauch der Kanzel zu Verketzerungen, und bekanntlich mußte unter dem Großen Kurfürsten auch der gewaltige evangelische Liederdichter Paulus Gerhardt sein Amt als Diakonus an St. Nikolai in Berlin niederlegen, weil er dem kurfürstlichen Verbot von Kontroverspredigten als einem unerträglichen Eingriff in die geistliche Lehrfreiheit zu gehorchen sich weigerte. Allmählich aber setzte die zähe Folgerichtigkeit der brandenburgischen Regenten doch ihren Willen hierin durch, wie denn z. B. schon seit Neugründung des Konsistoriums im Jahre s657 diesem ein reformierter Geistlicher als Mitglied angehörte.
Mit einem kleinen Bruchteil der Bevölkerung hat sich das reformierte Bekennt- . nis in der Mark indes immer begnügen müssen, und fast nur aus den gebildeteren
Abb. 14. Paulus Gerhardt.
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