Auch die im zweiten viertel des O. Jahrhunderts in England entstandene „apostolisch-katholische" Gemeinschaft, die bekannter unter dem Namen Irvingianer ist, hat im Brandenburgischen wachsende Erfolge erzielt, und gegenwärtig, wie die Baptisten, nicht nur in den größeren, sondern auch in vielen kleineren Städten der Mark Gemeinden gesammelt und Bethäuser erbaut. Von den IstOö in unserer Provinz gezählten 40 680 „sonstigen Christen" — fast die Hälfte davon entfiel wieder auf Berlin — wird man gewiß mindestens sO 000 je aus Rechnung der Apostolischen und der Baptisten setzen können.
Von spezifisch märkischen Sekten ist im Bereich des roten Adlers heute nichts zu spüren. Doch mag in einer Religionsgeschichte unserer Heimat zweier einheimischer Gemeinschaftsbildungen gedacht werden, die das kirchliche Leben in den letzten anderthalb Jahrhunderten beunruhigten, obgleich sie an sich unbedeutend blieben.
Um s765 trat im Oberkreise der Bernauischen Rircheninspektion ein gewisser Rosenfeld auf, der, wahrscheinlich ehemaliger Jude, Jäger beim Prinzen Heinrich von Preußen gewesen zu sein vorgab und seinen prophetischen Beruf entdeckt hatte. Seine Lehre, ein Gemisch älterer sektirerischer Anschauungen besonders der Weige- lianer, Rosenkreuzer, Schwenkfeldianer, die er nun mit chiliastischen Ideen zusammenschmolz, verwarf den öffentlichen Gottesdienst, predigt und Sakrament, behauptete, Gott nur „im Geist und in der Wahrheit" anzubeten und das „innere Licht" zu besitzen; über den „fleischlichen Wandel" der übrigen Christen spottete sie. Auch um Liebenwalde, bei Drosten und im Warthebruch sammelte Rosenfeld einige Jünger, aber s826 war es gelungen, den Rest der Rosenfeldianer zur Landeskirche zurückzuführen.
Eine zweite Sekte war zuvor in einer anderen Gegend der Mark entstanden. Ein Schleifer Menzel trat 1,8 s7 um Züllichau auf und stiftete eine Gemeinschaft, die in Verwerfung kirchlicher Ordnungen und chiliastischen Träumereien vielfach den Rosenfeldianern ähnlich, ihre Rinder selbst taufte, sich selbst das Abendmahl reichte u. dgl. Im Züllichauer Rreise und um Schwiebus fiel ihre Propaganda teilweise auf guten Boden, und noch die Volkszählung von s86s stellte im Regierungsbezirk Frankfurt s23 „Menzelianer" fest; nicht weniger als I,0st wohnten hiervon auf dem platten Land um Züllichau. Berlin und der Potsdamer Regierungsbezirk waren völlig frei von Menzelianern. heute halten sich die geringen Reste der Sekte wieder zur Landeskirche.
Bei weitem größer als die Erfolge aller dieser Sekten sind aber im Laufe des letzten Jahrhunderts in der Mark die Fortschritte der römischen Rirchengemeinschaft in unserer Provinz gewesen.
Lange Zeit hatte man hier vom Ratholizismus gar nichts gehört?) Denn während in einigen Territorien der hohenzollernschen Herrschaft, wie in Cleve, die Ratholiken vollkommene Gleichberechtigung mit den Evangelischen genossen und
st Für das folgende verweise ich besonders auf das von Lehmann und Granier veröffentlichte große Urkundenwerk: Preußen und die katholische Kirche. Im übrigen sind Akten des brandenburgischen Konsistorialarchivs benutzt.