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und hielt einen katholischen „Pfaffen". Besonders aber führte das Vorhandensein zahlreicher Katholiken in seinem Heere, das er als guter Christ nicht ohne geistliche Versorgung lassen wollte, zur Entstehung der ersten katholischen Gemeinden in der Mark. In Berlin begann der von den Gesandtschaften unabhängige und öffentliche Gottesdienst der Aatholiken im Jahre 1720, und als zwei Jahre später in Spandau und Potsdam Gewehrfabriken angelegt und die ersten Arbeiter dafür aus Lüttich herangezogen wurden, entstanden auch in diesen Grien — und kurz danach in Frankfur t—katholische Gemeinden. Allmählich kam diesen ursprünglichen Mililär- gemeinden Zuzug aus der Zivilbevölkerung, und der König selbst gab wohl Mittel zum Bethausbau, schickte auch zu bestimmten Zeiten die katholischen Geistlichen — es waren durchweg aus dem halberstädtischen Dominikanerkloster entnommene patres — zum Gottesdienste in die Garnisonen. So ging der Berliner Pfarrer schon seit 1718/19 in die Standorte Brandenburg, havelberg, Töpenick und Nauen, die als Berliner „M i s s i o n s st a t i o n e n" galten. Zwar blieb der Katholizismus vielfältig beschränkt: die Vornahme von Taufen, Trauungen und Begräbnissen stand bei den lutherischen Pastoren, und vor allem war der Versuch einer „Bekehrung oder vielmehr Verkehrung" strengstens untersagt; der katholische Geistliche mußte alle sich etwa zum Übertritt meldenden „alte Leute oder Kinder" sofort bei der Behörde angeben, die dann den evangelischen Pfarrer benachrichtigte; bei wirklich vollzogenem Übertritt drohte diesem wegen nachlässiger Seelsorge Kassation. Alles in allem aber war es ein gewaltiges Zugeständnis, daß durch König Friedrich Wilhelm I- den Katholiken wieder Gelegenheit zu gemeinsamer Religionsübung geboten wurde.
Unter Friedrich II- hielt diese Entwicklung an, und die Emanzipation der märkischen Katholiken fand in der religiösen Gleichgültigkeit des Sohnes keinen schlechteren Förderer als in der ernsten Religiosität des Vaters. Die Erwerbung der zur Hälfte katholischen Provinz Schlesien — und später Westpreußens — konnte überdies nicht ohne günstige Rückwirkung auf die Stellung auch der katholischen Brandenburger bleiben. Der Monarch gestattete also nicht nur, daß in Berlin anstatt der 1720 errichteten provisorischen Kapelle eine große katholische Kirche erbaut würde, sondern gewährte hierzu auch Beihilfen aus eigenen Mitteln. Und was noch wichtiger war: er verlieh dem Geistlichen an dieser Kirche St. Hedwig durch Privileg vom 10. Juni 1766 Parochialrechte, so daß er also selbst die kirchlichen Handlungen vornehmen durfte; nur blieben dem evangelischen Pastor die Gefälle. Immerhin kam unter seiner Regierung 1778 zu den dreien in Potsdam, Spandau und Berlin — amtierenden Geistlichen nur ein vierter mit dem Sitze in Lüstrin hinzu, während katholischer Gottesdienst an verschiedenen weiteren Vrten zugelassen wurde?)
Die Besserung der Verhältnisse für die märkischen Katholiken kam auf festen Grund, als unter Friedrich Wilhelm II das ganz von dem Toleranzgedanken des 18. Jahrhunderts beherrschte preußische Landrecht eingeführt wurde, und
') viese und die folgenden Angaben meist nach dem „Handbuch des Bistums Breslau und nach vorberg: Oie Kirchenbücher der Generalsuperintendentur Berlin usw. (Leipzig tdvs); vgl. auch das Schriftchen von E. Riedel: Katholisches Leben in der Mark Brandenburg seit der Reformation.