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Gemeindemitglieder, in Potsdam 12-1, in Brandenburg 61, in der ganzen übrigen Provinz indes kaum hundert Seelen. Und wenn sich 1846 in Deutschland an 100 000 Personen zum Deutschkatholizismus hielten, so war ihre Zahl 18H0 auf 5714- gesunken.
Auf tieferem religiösen Grunde als der rationalistische Deutschkatholizismus war der Altkatholizismus erwachsen. Der Mark ist er dennoch bis auf Berlin fast unbekannt geblieben; hier ist es zur Bildung einer eigenen Gemeinde gekommen, die sich an jedem zweiten Sonntag in der kleinen Heiligen-Geist-Kirche versammelt.
Die märkischen Gotteshäuser der übrigen großen christlichen Bekenntnisse scharen in ihren Mauern nur eine aus Ausländern bestehende Gemeinde. So besitzen die Anglikaner und Amerikaner je eine Kirche in Berlin und die russisch-orthodoxe Konfession die Kapelle der russischen Botschaft, eine Kapelle zu Borsigwalde bei Tegel und die Alexander-Newskikirche bei Potsdam?)
Endlich muß eine märkische Religionsgeschichte auch der Juden gedenken.
Ohne Zweifel haben jüdische Kaufleute den Boden unserer Provinz schon zur Slawenzeit besucht; allein von einer Ansiedlung vernehmen wir erst seit dem 13. Jahrhundert. Einer der im Mittelalter ja nicht seltenen Hostienprozesse verknüpft sich mit der ersten Erwähnung der Israeliten; in Beelitz sollen 121? Juden die Hostie durchstochen haben. Zwei Jahre später wird eine ähnliche Begebenheit aus Zehdenick berichtet; in beiden Fällen entstanden Wallfahrtsorte zum heiligen Blut?) Trotz mancher Verfolgung war die Stellung der Juden indes zumeist nicht schlecht, und wir sehen sie in verschiedenen märkischen Städten im Besitz des Bürgerrechtes. Voraussetzung hierfür blieb allerdings besonderes Privileg oder „Geleit"; doch gab es neben solchen „vergleiteten" auch unvergleitete Juden, die sich auf eigene Gefahr und ohne verbürgten Schutz im Lande aufhielten.
Allmählich aber verschieben sich die Verhältnisse zu ungunsten der Juden, indem auf ihrer Seite eigene Schuld — finanzielle Ausbeutung der Bevölkerung durch Mißbrauch ihres Leihgeschäfts — ebenso wie blinde Beschränktheit und Geldgier auf deutscher Seite Judenverfolgungen veranlaßten, die oft genug in Totschlag ausarteten. Besonders der furchtbare Iudenmord von 13-18 und 13-19, der sich damals fast überall mit dem „schwarzen Tod" und dem Flagellantentum zu abstoßendem Bilde vereinigte, hat auch in der Mark seine Dpfer geheischt. Bald aber waren die verjagten Hebräer wieder im Lande. Denn die Deutschen brauchten sie, da ihnen selbst die Kirche alle Geldgeschäfte untersagte, und die Juden vergaßen über der Aussicht auf schnellen und reichen Gewinn die überstandenen und zu überstehenden Fährnisse. Im wesentlichen unangefochten bis zu den Zeiten Joachims I., traf sie dann in dem Hostienschändungsprozeß von 1510 — Juden sollten in Brandenburg eine Hostie zerschnitten und greulich verunglimpft haben — ein neuer furchtbarer Schlag. Für die an dem angeblichen Verbrechen Beteiligten flammten in Berlin die Scheiterhaufen
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9 Siehe oben S.