Teil eines Werkes 
Bd. 2 (1910) Die Geschichte / von Gustav Albrecht ...
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Teil die Zuständigkeit des kurmärkischen minderte. Aber diese Einbuße, die zu an­deren Zeiten verhängnisvoll gewesen wäre, wurde weitaus wettgemacht durch die große Steigerung, welche die landesherrliche Macht in beiden Landesteilen durch den Zusammenbruch der katholischen Kirche und ihre Beerbung durch die weltliche Macht erfuhr. Seit 1535 führte Johann, seit 153ß Joachim die sogenannte Reformation in seinem Gebiete durch, die den Zustand des Landes auch in bezug auf die Rechtspflege von Grund aus veränderte. Den Bistümern und dem Zohanniterorden wurde aller­dings noch eine Scheinexistenz gegönnt, aber nach Erledigung der Bistumssitze unter Prinzen des Hauses als Administratoren. Die reichen Klöster auf dem Lande (Lehnin, Thorin usw.) wurden kurfürstliche Ämter, teilweise auch verkauft und verschenkt, die Klöster in den Städten meist den Magistraten für kirchliche und Wohlfahrtszwecke gegeben?) Auf die wirtschaftliäien Folgen ist hier nicht einzugehen; staatsrechtlick) wurde von beiden Fürsten der Augsburger Religionsfrieden dahin ausgelegt, daß die Bischofswürde im Lande erledigt und alle aus ihr fließenden Rechte auf den Landes­herrn übergegangen seien. Hieraus zog man zunächst den Schluß, daß die gesamte geistliche Gerichtsbarkeit in Ehe- und Kirchensachen, samt der Disziplinargewalt über die Geistlichen, auf den Landesherrn übergegangen sei. Joachim und Johann übten nun diese Gerichtsbarkeit durch weltliche und geistliche Räte (Superintendenten) aus, zunächst in schwankenden Formen (Synoden in einzelnen Landesteilen, Generalsynoden und Kabinettsbefehlen), dann in fester gefügten Konsistorien zu Kölln an der Spree und zu Tüstrin. Vieles war hier noch unsicher und tastend, aber es war doch abzusehen, daß zunächst auf diesem Gebiete der landesherrliche Absolutismus obsiegen werde?) So kam es denn auch, da es den Ständen nicht gelang, aus diesem Gebiete irgendeinen nennenswerten Erfolg zu verzeichnen. Man griff auch hier die Regierung gar nicht an, war vielmehr nur bemüht, auch erfolgreich bemüht, für ständische Zwecke mög­lichst große Teile des alten Kirchenvermögens nutzbar zu machen bzw. zu erhalten?) Jeder Edelmann, jede Stadtgemeinde suchte bei den über die Neuordnung des Kirchen­wesens angeordneten Visitationen möglichst den eigenen Vorteil wahrzunehmen;

neumärkischen Stände unbeschränkt zum Appellationsgericht bestimmt (statutum Loläinense) und am t- Januar ;5St mit einer revidierten Grdnung versehen (Mylius a. a. G. II. t, S. 3tH6). Gegen die Urteile dieses Kammergerichts war Supplikation an den Landesherrn zugelassen. Daneben verschwindet die Inanspruchnahme des Brandenburger Schöppenstuhls fast völlig; obgleich sie nicht verboten war, wurde der Schöppenstuhl seitdem nur noch selten von den Neumärkern befragt.

Heidemann,Geschichte der Reformation in der Mark Brandenburg" (Berlin t88y).

2 ) Die Konsistorialordnung von t57Z (Schriften des Vereins für die Geschichte Berlins, Heft Zy), S. t sf-

°) Diese Regelung erfolgte durch die Kirchenvisitationen des Jahres tsqo, die in der Kurmark und Altmark im wesentlichen vom späteren Kanzler Nieinleben geleitet wurden. Sie bestanden darin, daß vergleiche zwischen den Städten, dem Adel usw. über das Kirchenvermögen und die Besoldung der Geistlichen geschlossen wurden. Ähnlich war man früher auch in Kur­sachsen vorgegangen. Die Matrikeln geben noch heute vollen Beweis über das damalige, darin verzeichnete Kirchengut und die visttationsabschiede über die rechtlichen Verhältnisse der Lin- gepfarrten und der Vrtsobrigkeiten zu den Geistlichen, namentlich über ihre Verpflichtungen gegen dieselben.