Teil eines Werkes 
Bd. 2 (1910) Die Geschichte / von Gustav Albrecht ...
Entstehung
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von ihm war das Endurteil bestätigt worden?) Das Berliner Scböppengericht hatte nur die Staffage und die Statisten geliefert, und das geistliche Gericht war nach einigen vorbereitenden Handlungen ganz in den Hintergrund getreten. So war denn der Boden wohl vorbereitet, um in der Mark die Aarolina als Strafprozeßordnung und als Strafrecht einzuführen; aus ihr aber ließ sich ungezwungen der Rechtsanspruch des Landesherrn auf die Iustizaufsicht in Kriminalsachen ableiten. Denn sie ver­langte vor der Folterung und bei Verhängung der schwersten Strafen das Anhören von Rechtsgelehrten. Als solche konnten nun allerdings die Juristen der Landes­universität oder die Beisitzer des Brandenburger Schöppenstuhls fungieren; aber diese waren mannigfach vom Kurfürsten abhängig, der auch nicht behindert war, wenn er neben diesen oder statt ihrer die Strafsache seinen eigenen Räten zur Nachprüfung oder Entscheidung vorlegen wollte. 5o entwickelte sich allmählich aus diesen kur­fürstlichen Kriminalräten die höchste Instanz in Strafsachen?)

Bald hernach traten zwei Ereignisse ein, die auf die weitere Rechtsentwicklung in der Mark vom entscheidendsten Einflüsse gewesen sind: die Landesteilung nach dem Tode des ersten Joachim (1535) und ihr bald folgend die Durchführung der Refor­mation in beiden Landeshälften. Kurfürst Joachim I. hatte sein Ländergebiet unter seine beiden Söhne Joachim und Johann derart geteilt, daß ersterer mit der Kur­würde die westlichen V? des Landes (Altmark, prignitz, Uckermark und Mittelmark), Johann den östlichen Rest (Neumark, Krossen)") erhielt. Die sehr schwierige Teilung der einzelnen Vasallen, Einkünfte und Schulden ward alsbald vollzogen, und seitdem trat die Neumark auf lange Zeit in eine selbständige Stellung neben die Kurmark. Diese Trennung hat auf dem Gebiete der Rechtspflege die politische weit überdauert. Markgraf Johann errichtete in seinem Gebiete, mit dem Sitze in Tüstrin, ein eigenes Kammergericht/) meist als neumärkische Regierung bezeichnet, so daß sich um diesen

1) Hochinteressant ist in dieser Beziehung der im gleichzeitig (lsn) zu Frankfurt a. V. bei Hanau erschienenen BucheSummarius der Gerichtshandel und Prozeß" enthaltene Holz­schnitt, der den endlichen Gerichtstag darstellt. Hier fitzt auf einer Erhöhung das Gericht, über ihm aber auf einem höheren Gestühl eine Anzahl rechtskundiger Räte als die höhere Instanz.

2 ) Im vertrage, den der Kurfürst Joachim I. am 27. Dezember <508 mit den Städten Berlin und Eölln über das inäioium supremum schloß, behielt er sich seine Genehmigung vor, wenn die Städte freies Geleit bei schwereren oder gegen den Landesherrn verübten verbrechen erteilen, wenn sie Folterungen vornehmen oder Todesstrafen vollstrecken wollten. (Raumer, Loäsx ciiplom. Branäsnb. eontin." Bd. 2 , S. 24 t )

") Johann erhielt die Neumark, das Land Sternberg, das Fürstentum Trossen, Amt und Städtchen Züllichau, Ländchen Bobersberg und Sommerfeld, die Herrschaften Lottbus und Peitz. Er wurde Patron des Herrenmeistertums zu Sonnenburg. Der Bischof von Lebus galt als Vasall des Kurfürsten und ebenso als solcher des Markgrafen, der seinen Besitz später durch die Herr­schaften Beeskow und Storkow, die indes unter böhmischer Lehnshoheit blieben, erweiterte. Diese Ländermasse, zu der später noch die meisten Besitzungen des Lebuser Bischofs traten, bildeten das Gebiet der neumärkischen Regierung, das im Nordosten mit Schievelbein fast die Vstsee erreichte, dagegen nicht das zur Mittelmark gehörende Frankfurt umfaßte.

H Bardt,Geschichte des Apxellationsgerichts zu Frankfurt a. V." im Heft der Ver­öffentlichungen des Vereins für Heimatskunde zu Frankfurt a. D. S. 23 ff. Das neumärkische Kof- und Kammergericht wurde <5^8 errichtet, am 2 ö. September t 55 Z mit Bewilligung der