Aurmark gab sie die Grundlage für eine Politik im größeren Umfange. Für die Rechtspflege war dieser gesteigerte unmittelbare Grundbesitz aber insofern wichtig, als jetzt die Landesherrn im größeren Umfange auf Dörfern und in Flecken die erstinstanzliche Gerichtsbarkeit erlangten?)
Ls ist schon angedeutet, daß sich beim Eindringen des römischen Rechts das schriftliche Verfahren immer weiteres Terrain eroberte. 5o legt die Reformation des Aammergerichts von 1540') im Gegensätze zum Entwurf von 15^6 den Schriftwechsel zugrunde, ebenso wurde der schriftliche Prozeß, der gelehrte Richter zur Voraussetzung hat, in den Stadtgerichten immer allgemeiner. Überall war wenigstens ein technisch gebildeter Stadtschreiber, der die Formalien des Schriftwechsels zwischen den durch Anwälte vertretenen Parteien leitete, bis die Sache zur Befragung einer Iuristen- fakultät oder eines Schöffenstuhls reif war. Lediglich Verwaltungssache war dagegen in den Städten die sogenannte freiwillige Gerichtsbarkeit und die Verfolgung von Übertretungen der vom Magistrate zur Sicherung von Handel, Verkehr und Ordnung erlassenen polizeilichen Vorschriften?) In ersteren Fällen bekundete der Stadtschreiber die Rechtshandlung im Stadtbuche, in den letzteren setzte der Magistrat die Strafe fest und trieb sie bei. Es erscheinen Notare, zunächst auf Grund kaiserlichen Diploms, als amtlich bestellte Urkundspersonen für Rechtsakte. Rechtsbehelfe gegen die Polizeigerichtsbarkeit der Magistrate gab es nicht, höchstens eine Beschwerde beim Landesherrn, die indes kaum jemals vorkam. Auf dem Lande, in den kleinen patrimonial- gerichten, denen der Schulze Vorstand, war lediglich polizeiliche Gerichtsbarkeit, die, wenn sie gut war, bono et negno entschied, wenn sie schlecht war, nach Gift und Gabe?) Jedenfalls war hier von gelehrten Richtern keine Spur. Überhaupt darf man sich für die Mark im s6. Jahrhundert den Ureis der gelehrten Juristen nicht zu groß vorstellen. Die Professoren an der juristischen Fakultät zu Frankfurt und die rechtskundigen Schöffen zu Brandenburg waren fast allein die rechtsprechenden technisch geschulten Juristen; dazu traten als prozeßleitende die gelehrten Räte der beiden Landesherrn an dem Uammergerichte und Uonsistorium, die Stadtschceiber in den größeren Städten, dann die Parteivertreter (Advokaten), endlich als gelehrte Urkunds-
0 Sello in seinem S. t73 zitierten Werke „Lehnin" gibt die eingehende Darstellung von der Umwandlung dieses reichbegüterten Klosters in ein Amt des Landesherrn.
2) Kammergericht Bd. l, S. 20 lsf., S. 25yff. befindet sich ein Abdruck derselben. Sie galt — wie oben bereits ausgesührt — nicht für das neumärkische Kammergericht, dar eine etwas andere Verfassung erhielt.
2) Die Geschichte des Berliner Stadtgerichtes, die im wesentlichen die gleiche wie in anderen märkischen Immediatstädten gewesen ist, bringt das Sammelwerk „Aus dem Berliner Rechtslebe«". Berlin tyo2, S. t—32.
^) Ordnungen für märkische Dorfgerichte sind nur wenig erhalten, was mehr ein Zeichen dafür ist, daß es nur wenig schriftlich sestgelegte gab, als daß sie verloren gegangen wären. Umfangreichere Dorfordnungen sind die von den v. Schulenburg für ihren altmärkischen Besitz erlassene Kirchen- und Gerichtsordnung von und die für die landesherrlichen Ämter in der Mark erlassene Flecken-, Dorf- und Ackerordnung von Z702. (Kamptz, „Jahrbücher für die preuß. Gesetzgebung" Bd. Zg, S. 3H und Mylius a. a. G. V. 3, S. 227.) Obgleich aus etwas späterer Zeit herrührend, geben sie ein Bild vom Gerichtsverfahren auf den Dörfern, das im wesentlichen gegenüber den früheren Verhältnissen unverändert geblieben ist.