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Prüfung verliehen werden solle. Da indes oft genug von dieser Prüfung Abstand genommen wurde, kaum jemals auch einer dieselbe nicht bestand, so hals dieses Mittel nichts. Dann wurde nach längeren Vorarbeiten eine Aammergerichtsordnung (s709) erlassen/) die scbon deshalb trotz ihrer sorgfältigen Redaktion ganz zwecklos bleiben mußte, weil alle Voraussetzungen, auf denen sie aufgebaut war, fehlten. Denn sie setzte eine hinreichende Zahl genügend besoldeter, voll beschäftigter Räte am Aammer- gerichte und, da dieses auch Berufungsgericht sein sollte, verständige Urteile in erster Instanz voraus. Bei den Untergerichten, namentlich den gutsherrlichen und bei den kleineren und kleinsten Stadtgerichten entschied aber die reine Willkür, oft genug Bestechung. So standen denn treffliche Gesetze und Verordnungen lediglich auf dem Papier, und es entsprach durchaus der Wahrheit, wenn Friedrich Wilhelm I. bei seinem Regierungsantritte darüber klagte, daß die schlechte Justiz zum Himmel schreie. Trotz seines redlichen, wenn auch etwas zu impulsiven Iustizeifers kam auch dieser Fürst, da er für die Justiz kein Geld aufwenden wollte, auf dem Gebiete des bürgerlichen Rechts und des Aivilprozesses zu keinem befriedigenden Ergebnisse. Sein plan, das dänische Gesetz idanske lov) einzuführen/) scheiterte; ein eigenes Gesetzbuch kam nicht über die allerersten Anfänge hinaus, bald wurde mit dem Gedanken gespielt, an Stelle des schriftlichen Verfahrens das mündliche zu setzen") und damit unendliche Verwirrung angeftiftet, da sich der erst halb durchgeführte Plan nicht vollenden ließ; dann wieder sollte sich jeder Rechtsstreit in einen Zwangsvergleich auflösen. Dazu eine in ihrer Zahl beschränkte, zunächst also von den schlechtesten Bestandteilen gesäuberte Advokatur, die indes, da ihr die Regierung kein Vertrauen entgegenbrachte, sich vielmehr nur schikanierte (Advokatenmantel) und lächerlich machte, bald wieder verschlechterte?) Die Allodifikation der märkischen Lehne, die das kurfürstliche Gbereigentum an den Rittergütern gegen Zahlung einer Rente für die Lehnsdienste beseitigte/) hätte die Verwirrung noch vermehren können, da mit der Aufgabe dieses
tz Kammergericht Bd. 2, S. ^8ff.; Hassenpflug, „Oie erste Kammergerichtsordnung Kurbrandenburgs" (Breslau tSys).
2 ) Schriften des Vereins für die Geschichte Berlins Lieft so, S. > ff., Kammergericht Bd. s, S. 8 -^ ff.
/ Oer Fiskal Georg Friedrich Lannnan an der neumärkischen Regierung hatte dem König Vorschläge zur Abkürzung und Vereinfachung der Zivilxrozesse unterbreitet, die daun durch Edikt vom ;9. März in der Neumark eingeführt wurden. Im Jahre darauf wurden diese recht ungelenken Bestimmungen auch beim Kammergericht zum Teil eingeführt, stifteten indes nur Verwirrung.
2) Kammergericht Bd. Z, S. 9off. Oas Edikt vom 5 . April hob die tatsächlich bestehende freie Advokatur auf und beschränkte die verbleibenden ASvokaten auf eine bestimmte Zahl, die beim Kammergericht 24 betragen sollte, indes bald nicht genau beachtet wurde.
5 ) Kammergericht Bd. s, S. Z02ff.; Riedel, „Magazin des Provinzial- und statutarischen Rechts" Bd. S, S. t ff. In der ganzen Mark wurden damals 9 l? Pferde mit je qo Talern abgelöst, nachdem der König sich statt der ursprünglich geforderten SO Taler hiermit zu begnügen erklärt hatte. Abgesehen vom Fortfall des königlichen Dbereigentums blieb der Lehnsverband der Vasallen bestehen und wurde durch verschiedene Lehnskonstitutionen für die Ritterschaft der Kurmark und der Neumark damals nach langen Vorbereitungen durch Lehnskonstitutionen neu geregelt. Oie Hauptarbeit dabei hat M. L. v. Printzen geleistet.