Teil eines Werkes 
Bd. 2 (1910) Die Geschichte / von Gustav Albrecht ...
Entstehung
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ordnet wurde. Aber hierin bestand das große Verdienst Toccejis, daß er es verstand, Geldmittel flüssig zu machen, um an diesen Obergerichten ein jugendkräftiges Richter- tum anständig zu besolden, abgelebte Räte zu beseitigen und für die Zukunft durch ein sehr strenges Examen einen vortrefflichen Nachwuchs zu sichern. Dies gewährt ihm den verdienten Namen des Iustizherkules, aber das zu seinen Verbesserungen nötige Geld hatten, da Friedrich meinte, daß die Märker den Hauptvorteil davon Hätte,i, zum größten Teile die märkischen Stände hergegeben. Da war es denn selbstredend, daß die Gerichtsbarkeit der Städte und Gutsbesitzer völlig unberührt gelassen und jede Exemtion sorgfältig geschont wurde. Friedrich sah allerdings seinen Wunsch, jeden Prozeß in allen drei Instanzen in Jahresfrist beendet zu sehen, auf einige Zeit er­füllt, aber verdankte dies nicht dem damals viel gefeierten ooäex Viläsrleluuus, sondern dem verjüngten Richterstande. So war es auch möglich, daß das durch die Orders vom 2. April und 20. Juni 1,7^6 erlassene Verbot der Aktenversendung zum Versprach an fremde und einheimische Iuristenfakultäten und Schöppenstühleh durch­gesetzt werden konnte. Die oberen Gerichte der Kurmark waren seitdem aus prozeß­leitenden rechtsprechende Behörden geworden. Bald indes ließ die Wirkung jener großartigen Beseitigung der Prozeßrechte nach, und dieser Schwamm jedes Gerichtes trat bald wieder auf. So wurde denn bald genug von Friedrich, der mit Eocceji das Unmögliche möglich gemacht zu haben meinte, die Schuld den Richtern, die ein Spielball in den Händen der Advokaten seien, zugeschoben. Seit der Einführung der großen Staatsprüfung (s755) teilten sich nun die Richter in solche, die jene Prüfung bestanden, und solche, die sie nicht bestanden hatten. Diese machten nach vollendetem Universitätsstudium und etwa zweijähriger praktischer Ausbildung an einem Ober­gerichte dort ein geringfügiges praktisches Examen (Referendarexamen), das sie mit Ausnahme von den Dbergerichten zu jeder Richterstelle und zur Advokatur befähigte. Aus ihnen entnahmen viele Gerichtsherrn (Städte und Adel) ihre Stadtrichter und patrimonialrichter. Nur ein kleiner Teil dieser Referendare unterwarf sich der ge­dachten großen Prüfung, aber diese kleine Zahl genügte zur Besetzung der vorhan­denen höheren Stellen, ja sie überschritt diese Zahl, so daß bessergestellte Magistrate, vorab Berlin, sich den Luxus gewähren konnten, Stellen an ihren Stadtgerichten mit Assessoren zu besetzen. So kam es, daß die Ratsstellen und die bestbezahlten Stellen an Stadtgerichten von Männern erlangt wurden, die kaum dreißig Jahre alt waren. Dies erregte damals in ganz Deutschland Aufsehen, auch hat die Jugend der Räte zum guten Teile das Mißtrauen verschuldet, das Friedrich der märkischen Rechts­pflege entgegenbrachte, und den bekannten Machtspruch vom ss. Dezember 1779 im Prozesse des Müllers Arnold zu pommerzig erklärt.

Es ist bekannt, daß sich der schlesische Iustizminister Tarmer die Gunst Fried­richs zuerst durch die bereits acht Jahre früher in Schlesien durchgeführte Regelung des dortigen ritterschaftlichen Kreditwesens dauernd erworben hatte?) Diesen Mann

9 Oer Brandenburger Schöppenstuhl hat indes sein Dasein noch bis zum Zusammen­bruch des Staates gefristet.

2) Aammergericht Bd. 3, S. 28hff.