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Die ganze Fülle der kleineren Ortsobservanzen und Lokalgesetze hat bisher eine befriedigende Zusammenfassung nicht gefunden, auch ist hier oft Umfang und Inhalt im einzelnen sehr bestritten und nicht immer gleichmäßig ausgelegt worden.
In Berlin gilt das vielumstrittene Recht der Stadt auf erblose Berlassenschaften, also im Bezirke des Landgerichts I mit Ausnahme der Ostecke und der Westecke dieses Gerichts, die beide politisch nicht zur Stadt gehören; dagegen in den zur Stadt gehörenden Teilen der Landgerichte Berlin II und III. In demjenigen Teile der Stadt, der durch die alte Stadtmauer des l,8. Jahrhunderts begrenzt war, also im Hauptteile des Landgerichts I gelten ferner die reiche Besonderheiten aus dem Boden des Nachbarrechts bietenden „Berliner Bauobservanzen". Auch das Mietsrecht in Berlin weist Besonderheiten auf, die allerdings durchaus auf dem Gebiete des Gewohnheitsrechts liegen, während das sogenannte Berliner Testament nur eine Bezeichnung für das in Berlin übliche wechselseitige Testament von Ehegatten ist, in dem jeder den überlebenden Ehegatten zum Borerben und die Ainder nur zu Nacherben einsetzt.
Im übrigen kann auf eine Darstellung der Einzelheiten hier um so mehr Abstand genommen werden, als sie doch niemals irgendeinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben könnte. Durch die seit angebahnte Allodifikation der Lehne
sind die lehnsrechtlichen Besonderheiten, wie sie sich hier und dort aus märkischem Boden entwickelt, beseitigt, und durch Artikel 200 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuchs ist die Sonderstellung der märkischen Ehegatten in bezug auf Güterstand, Beerbung und Rechtsstellung der Ehefrau dem Absterben geweiht, da sie nur auf Ehen in Anwendung kommen, die vor dem I. Januar tchOO geschlossen sind. So schwindet das speziell märkische Recht immer mehr zusammen, um in nicht zu langer Zeit völlig der Geschichte anzugehören; aus dem Gebiete des Airchen- rechts wird es indes am zähesten sich lebenskräftig erweisen.
in den einzelnen ehemals kursächsischen Gebieten der Provinz (Herzogtum Sachsen — Niederlausitz) das Provinzialrecht ganz unentwickelt geblieben, so daß es sich entweder um Lokalrechte oder allgemeines sächsisches Recht handelt, an dessen Stelle eben das Landrecht getreten ist. Auf dem Gebiete des Kirchenrechts gilt daher — vom Grtsgebrauch abgesehen — das Landrecht, wie dies das Obertribunal in Präjudiz 25 vo angenommen hat. Auf dem Gebiete des Kirchenrechts bestehen daher die größten Unterschiede zwischen den älteren und den neueren Gebieten der Provinz.
0 Gesetz betr. die Erleichterung gewisser Dispositionen über kurmärkische Lehnen vom 15 . Mai t 852 . Hier wird unter Kurmark das aus Altmark, Prignitz, Mittel Uckermark und den Kreisen Beeskow-Storckow bestehende Gebiet bezeichnet. Nach Art. io und Hl der Preuß. Verfassung sollten Lehne und Fideikommisse aufgehoben werden, was indes durch Gesetz vom 5 . Juni 1850 abgeändert wurde. Das Gesetz betr. die Auslösung des Lehnsverbandes der nach dem Lehnrecht der Kurmark, Altmark und Neumark zu beurteilenden Lehne ward unter dem 25 . Juli 1875 erlassen. Die Aufhebung der übrigen Lehne in der Provinz Brandenburg (d. h. dem Zuwachse seit 1815) erfolgte durch Gesetz vom 28 März 1877 . von der nachgelassenen Wahl, die Lehne in freies Eigentum oder zu beständigen Familienfideikommissen umzuwandeln, ist vorwiegend nach letzterer Möglichkeit Gebrauch gemacht worden. Seitdem bestehen in der Provinz unter der Oberaufsicht des Kammergerichts derartige Fideikommisse, bei denen eine Stiftungsurkunde die Rechte des Nutznießers und die Sukzession regelt. Märkische Sonderart ist dabei kaum noch nachzuweisen; die Sukzession ist regelmäßig die nach der Primogenitur.