Teil eines Werkes 
Bd. 2 (1910) Die Geschichte / von Gustav Albrecht ...
Entstehung
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ist anzunehmen, daß die Ackerwirtschaft treibenden Bürger Ackergilden, sog. Wrühegenossenschaften bildeten, in deren Zusammenkünften Geldangelegenheiten, so z. B. der Termin der Ernte, die Anlegung gemeinschaftlicher Wege u. dgl. m. besprochen wurden?) Doch im übrigen hatte die Bürgerschaft den Befehlen des Rats gehorsam zu sein, wie ihr von den Markgrafen eingeschärft wurde. Mit dem Besitz eines Hauses innerhalb der Ringmauern war die Berechtigung zur Teilnahme an Gemeinweide und Wald, der sogenannten Allmende verbunden, und gegen nichts waren die Handwerker so empfindlich als gegen die Verkümmerung der guten Rechte, die ihnen an der Stadtmark zustanden.

Diegemeine Bürgerschaft" war nicht derart organisiert, daß sie tatkräftig handelnd die Geschicke der Stadt wesentlich beeinflussen konnte, und so fehlte also von Anfang an eine wirkliche Stadtgemeinde! Wenn s30st und 131 1 der Zustimmung, Vulbord", der Bürger Erwähnung geschieht und es am Eingang des »435 aus­gestellten Dokumentes betreffend den Verkauf der Dörfer Tempelhof, Rixdorf, Marienfelde und Mariendorf heißt:>Vv Kor^ermerster« nulle Ka.lliug.uu6, Virivarlre uullo OuiuszmdeMe ller Stelle LerlLu nulle 6oleu . . so ist die Erwähnung derGemeinheit" wohl kaum mehr als eine Form.

Von dieserGemeinheit" waren die Bewohner der wendischen Anhängsel der deutschen Städte, der sogenannten Kietze sin Brandenburg, Potsdam, Töpenick, Tüstrin) ausgeschlossen; sie standen außerhalb des Rahmens er eigentlichen Stadt­verwaltung, hatten hier und da eigene Vorsteher (Pristabel) und waren dem Landes­herrn zu persönlichen Dienstleistungen, von denen die übrigen Bürger frei blieben, ver­pflichtet?) Selbst Znnungsstatuten späterer Zeit enthalten noch den Satz, daß jeder vonwendischer" oder unehrlicher Geburt von der Aufnahme in die Zünfte ausgeschlossen sein sollte.")

Eine eigentümliche Stellung nahmen in den Städten diegewöhnlichen, ge­meinen Jude n",vulAaros commuuos jullei," ein; sie galten als Eigentum des Landesherrn, dem sie eine Art von Kopfsteuer zu zahlen hatten und unter dessen jederzeit widerruflichem Schutz sie standen. Von den um die Wende des 14. Jahr­hunderts so häufigen Verpfändungen blieben auch sie nicht ausgeschlossen; so erklärte f320 die Markgräfin Agnes, Waldemars Witwe, sie habe zugunsten der Ratmannen von Berlin und Tölln auf ihre Rechte an den gemeinen, d. h. nicht mit Grundbesitz angesessenen Juden verzichtet, so daß also von nun an die Schutzgelder diesermarkgräflichen Kammerknechte" einen Einnahnieposten der Städte bildeten.

') vgl. Riedel, Kodex, IV, 229 über Neu-Ruppin; v. Niessen, lvoldenberg, S. 407.

2) Oie Wenden standen unter der unmittelbaren Gerichtsbarkeit des Markgrafen; vgl. Urk. für Friedland von 42-44, Riedel 8 , I, 487 ; bezeichnend für den Gegensatz zwischen deutscher Stadt und Rietz ist auch die wrietzener Urk. von 4472 (v. Raumer, Loäex contin. II, 44). Nach der Urk. für Friedland von 4244 (Riedel 6, I, 487) flössen die Gerichtsstrasgelder der Slaven an den ^ävocstus.

h vgl. Guttmann, Brandenb.-Preuß. Forschungen, IX, 505 , 508 ; dabei war es nicht aus­geschlossen, daß der eine oder andere persönlich hervorragende8Iavus" in den städtischen Rat ausgenommen wurde.