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5o erhält man als Gesamteindruck das Bild einer sozial vielfach abgestuften Bürgergemeinde, die Ackerwirtschast und Handel, Handwerk und Gewerbe treibt, in deren Mitte die Handwerke gleichen Berufs sich frühzeitig korporativ eng zusammenschließen, und an deren Spitze ein mit reichen Machtbefugnissen ausgestatteter Rat steht.
Um s320 ist die Periode der märkischen Städtegründungen, wenn man von gelegentlichen Ausnahmen in späterer Zeit (Neudamm, Tharlottenburg) absieht, abgeschlossen. Großes war erreicht, und keine bessere Huldigung konnte späterhin der Polensürst Iagello unseren Städtegründern bringen, als daß er, obwohl erbitterter Feind alles Deutschtums, Städte nach deutschem Recht begründete, da er von der Fruchtbarkeit und dem Segen der deutschen Rechtsgrundsätze durchdrungen war.
Dorfgründungen.
Zu gleicher Zeit wie die Städte schießen die deutschen Dörfer wie Pilze aus dem Boden empor. Die Leistung war bewundernswert, denn die „villas" wurden im s2. und l. 2. Jahrhundert so reichlich gegründet, daß neue Dorsgründungen sich im Mittelalter nicht mehr als notwendig erwiesen.
Unsere Kenntnis der ältesten Zustände in den Dörfern der Mark ist recht beschränkt. Während wir über die Verfassung der Städte durch die Gründungsurkunden einigermaßen unterrichtet sind, fehlen aus dem s2. bis I Jahrhundert
stammende Gründungsurkunden der Dörfer gänzlich, wenn man von dem vereinzelten Fall der urkundlich beglaubigten Umwandlung des Hofes Rixdorf in ein Dorf im Jahre l 360 absieht?) Daher ist man in der Hauptsache auf Rückschlüsse aus späteren Quellen angewiesen, denen wir einige Daten über die Einteilung der Gemarkung, den Dorfschulzen, die soziale Gliederung der Dorfbewohner und die ihnen auferlegten Abgaben und Dienste verdanken. Da nun aber die Kolonisation in Schlesien vielfach dieselben Züge aufweist wie die in der Mark?) sind daneben auch schlesische Dorfgründungsurkunden aus den Jahren s22s, s222, s228, s22st u. s. f. heranzuziehen.
Die Zahl der im Zeitalter der askanischen Markgrafen entstandenen Dorf- schaften geht in die Tausende?) Sicherlich lehnte sich ein Teil der deutschen Siedelungen an schon bestehende slawische Orte an, und hier und da finden sich in der prignitz wie in der Mittelmark Zwillingsortschaften, von denen die eine, größere den unterscheidenden Zusatz „deutsch", die andere, kleinere „wendisch" führt, ein Hinweis darauf, daß die im s2. Jahrhundert vordringenden Deutschen die Slawen, soweit sie nicht durch die Kriege vernichtet waren, verdrängten und den besseren Teil des Grund und Bodens für sich nahmen?) An Stelle der Beiworte Klavioalis und
Über Aasow-Liitzow vgl. Gundlach, Lharlottenbura I, tO.
2) Tzschoppe u. Stenzel. Urkundensammlung, S. 279t-
2) vgl v. d. Goltz, Geschichte der deutschen Landwirtschaft I, IH2.
vgl. Meitzen, Ausbreitung der Deutschen in Deutschland (Jahrbuch für Nationalökonomie, Bd. XXXII): Dörfer mit Parallelanlagen sind deutschen Ursprungs.