Teil eines Werkes 
Bd. 2 (1910) Die Geschichte / von Gustav Albrecht ...
Entstehung
Seite
233
Einzelbild herunterladen

233

Die sehr zahlreichen, dem niederen Adel angehörigen, oft bis ins s3. Jahr­hundert genealogisch zurückzuverfolgenden Vasallen der brandenburgischen Mark­grafen, befinden sich von den ältesten Zeiten der deutschen Kolonisation an in her­vorragender Stellung, denn sie begleiten den Markgrafen auf seinen Kreuz- und ^verführten durch das Land oder versammeln sich um ihn, wenn er auf einer Burg für einige Zeit Wohnung nimmt; sie versehen Hofdienste als Marschall, Schenk oder Truchseß und wohnen dem wichtigen Regierungsakte der Ausstellung der Urkunden bei, an deren Schluß sie als Zeugen genannt werden. Vor allem aber ist der Mark­graf auf ihre Hilfe bei den vielen Kriegen, die er gegen Nachbarfürsten, sei es gegen den Erzbischof von Magdeburg oder den Markgrafen von Meißen, die schlesischen oder pommerscheu Herzoge, oder endlich gar gegen den König von jDolen zu führen hat, angewiesen. Aus der Bezeichnung inilites Ritter, die den Vasallen in den Urkunden gegeben wird, erhellt eben auch ihr ursprünglich vorwiegend militärischer Beruf. In vielen Hunderten von Dörfern sind sie im Besitz einer für Ritter auf sechs, für Knappen auf vier angegebenen Normalzahl freier Hufen.

Zwei Punkte haben hauptsächlich zu Kontroversen Veranlassung gegeben?) haben die askanischen Markgrafen im 12. und 13. Jahrhundert ihren Vasallen das noch unbesiedelte Land verliehen, oder wurde erst nach Begründung der deutschen Dörfer die Grundherrschaft hier später, dort früher an militos abgetreten? Wie groß war der ritterschaftliche Guts besitz, und wie wurde er bestellt? heute neigt man wohl der Meinung zu, daß die Ritter, wie sich dies für Schlesien und Holstein urkundlich Nachweisen läßt, von vornherein an der Kolonisation be­teiligt waren, d. h. der Markgraf übertrug ihnen weite Gebiete und überließ ihnen,, den Grundherren, die Anlegung der Dörfer, die daher nach ihnen, so zum Bei­spiel Gröben im Kreise Teltow, benannt wurden. Die Ritter, der größeren Landbesitz hatte, war schon aus ökonomischen Gründen genötigt, einen Teil seiner Hufen an Kolonisten, an Bauern zu vergeben. Denn da Großwirtschaft jener Zeit im allgemeinen fremd war, strebten im wesentlichen alle grundherrlichen Verwal­tungen dahin, den Landbesitz durch Begründung abgabepflichtiger, bäuerlicher Wirt­schaften zu verwerten. Zur Bestellung ihrer Eigenhusen konnten die Ritter die auf ihrem Grund und Boden angesiedelten Bauern, auf deren Dienste sie bald Anspruch erhoben, verwenden. Für die obige Auffassung scheint zu sprechen, daß nach den An­gaben des Landbuches mehrfach in Dörfern die Ritter von alters her,ab untäguo", im Besitz von Zehnt und Zins, Bede und Gerichtsbarkeit, Diensten und Patronat sind, so z. B. die v. Bredow in dem havelländischen Dorfe gleichen Namens?) Dazu würde stimmen, daß bereits zur Zeit der Bedeverträge, also Ende des 13. Iahr-

') Spangenberg, Zentralverwaltung, S. 22, 2Z8; Großmann, a. a. V, S. 4; Lrnst, in den Forschungen zur Brandenb.-Preuß. Geschichte XXII, s;of >1 v. Sommerfeld, Beiträge zur ver- sassungs- und Ständegesch. der Mark, S. l^o; vgl. Meißen, Siedlung und Agrarwesen II, 624.

2) Bgl. Fidicin, Landbuch, S. Ml; vgl. ferner im Teltow Großbeeren und Lichterfelde, sodann Schöneberg, wo der Berliner Bürger Pariserblich seit undenklichen Zeiten" Anspruch auf den Ivagendienst hatte; das Beispiel der Bismarcks zeigt, daß damals zwischen Land­adel und Patriziat nicht scharf geschieden werden kann. Siehe auch S. 255.