Teil eines Werkes 
Bd. 2 (1910) Die Geschichte / von Gustav Albrecht ...
Entstehung
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zu prägen. Dieser Entwicklung wurde Ende des s4. Jahrhunderts dadurch die Krone aufgesetzt, daß die Stadt nach langwierigen Verhandlungen durch zwei Ver­träge im Jahre 139 l die volle Gerichtsbarkeit erhielt. Fortan flössen die Gerichts­gefälle, und zwar die zwei Drittel des juäioium suprsmuiu ebenso wie das eine Drittel des tukimum, in die Berliner Stadtkasse?)

Die Bürgerschaften, die wohl zufrieden waren, daß die Stadt unabhängiger vom Herrn und seinen Beamten wurde, gestatteten dem Rat, dem das hauptsächliche Verdienst an dieser Entwicklung zukam, seine Macht nicht unerheblich dadurch zu erweitern, daß er all die dem Stadtherrn entzogenen Gerechtsame in eigene Verwal­tung nahm. In einem Berliner Bürgereid aus der Mitte des f3. Jahrhunderts heißt es?)Ich will dem Rath getreu und gewertig sein. Wenn mich- der Rath ver- both bey Tag oder Nacht, will ich gerne zum Rath komen und ein gehorsam Burger sein, Key meinen Treuen und Lren."

Die Ratsverfassung bildete sich in aristokratischer Richtung fort, d. h. die Zahl der Geschlechter, aus denen die alljährlich wechselnden- Ratsmannen her­vorgingen, erweiterte sich nicht, sondern verengerte sich eher; so galt es beispielsweise in Neu-Ruppin als ein besonderes Ereignis, wenn in eine vielleicht durch Todesfall freigewordene Stelle ein neues Mitglied in das Kollegium eintrat?) Demokratische Tendenzen brachen sich nur sehr vereinzelt hier und da gewaltsam Bahn. In Stendal z. B. wurde 1,3^5 beschlossen, daß die Ratsbehörde aus je zwei Gewand­schneidern, Tuchmachern, Krämern und gemeinen Bürgern und aus je einem Kürschner, Gerber, Schuchmacher, Knochenhauer und Bäcker bestehen sollte; somit erhielt hier ausnahmsweise der Rat das Gepräge eines Ausschusses der Innungen. Die regierenden Ratmannen hatten das Recht, ihre Nachfolger selbst zu wählen. In Perleberg freilich stand den zehnGeschworenen", d. h. dem Ausschuß der In­nungsmeister, die Befugnis zu, unter gewissen Umständen Widerspruch zu erheben. 5o heißt es in einer Urkunde von f3H7:de olden Ratman scolen beboden (entbieten) de Mestere der Werken up dat Rathus und kvsen (erkiesen) nye Ratman nach der Werken Rade."H Einer Urkunde von 1330 zufolge standen in Frankfurt an der Spitze der Bürgerschaft Konsuln, Schöppen und Gewerksmeister (eonsnles, soablni und mnKlstri opsrum), womit ohne Zweifel die Gewerksältesten, die Gilde- und Altmeister gemeint sind?) Besonders gelangten die von Schmoller als elementar" bezeichnten Gewerke der Bäcker, Fleischer, Schuhmacher und Weber,

9 vgl. holtze, Geschichte Berlins, S. ;o f.

9 Rep. 78, N, kol. Is, Geh. Staatsarchiv.

') Liesegang, Verfassungsgeschichte von Neu-Ruppin, Brandenb.-Preuß. Forschungen V, 58; über Stendal ebenda IV, 45; vgl. Riedel IV, 2Y6.

9 Stadtbuch der Neustadt Brandenburg, zum Jahr ;Z86:Oonsules tarn veteres quam moäsrni.. vgl. Riedel I, 148; Liesegang, Brandend.-preuß. Forschungen IV, 424.

9 vgl. tvohlbrück, Lebus I, 555 und III, 59. Um 1264 bestanden daselbst neben den Ratmannen, deren in einer Urkunde von diesem Jahre elf genannt werden, noch eine Anzahl Geschworener, bei Beratungen wirrden auch die Gewerksmeister und etliche alte Bürger zugezogen.